- Die Polizei in Hongkong hat gegen Demonstranten Pfefferspray eingesetzt, um deren Proteste aufzulösen.
- Die Proteste richteten sich gegen die Verschiebung der ursprünglich für heute Sonntag geplanten Parlamentswahlen in der chinesischen Sonderverwaltungszone.
- Die Polizei meldete am Abend 289 Festnahmen.
Die Demonstranten waren auf die Strasse gegangen, weil heute Sonntag eigentlich die Parlamentswahlen zum sogenannten Legislativrat hätten stattfinden sollen. Dieser Rat ist eines der wenigen Gremien, bei denen die Stimmberechtigten von Hongkong einen Teil der Abgeordneten bestimmen dürfen. Doch die Wahlen sind um ein Jahr verschoben worden.
Die Demonstranten trugen Plakate und skandierten Parolen zu Unabhängigkeit Hongkongs wie «Gebt mir meine Stimme zurück» oder «Befreit Hongkong».
Hunderte von Bereitschaftspolizisten waren im Bezirk Kowloon im Einsatz, um die Demonstration zu verhindern. Im Laufe des Nachmittags griffen Demonstranten die Polizisten an. Diese befahl der Menge, sich zu zerstreuen und nahm Durchsuchungen vor. Dabei setzten die Polizisten auch Pfefferspray-Munition ein.
Die Polizei hat laut eigenen Angaben bis zum Abend 289 Personen wegen Teilnahme an einer nicht genehmigten Kundgebung und wegen Verstosses gegen das Sicherheitsgesetz verhaftet.
Gemäss Live-Videomaterial wurden auch führende Persönlichkeiten der pro-demokratischen Bewegung verhaftet, unter ihnen Leung Kwok-hung, Figo Chan und Raphael Wong.
Opposition bezeichnet Verschiebung wegen Corona als Vorwand
Die von Peking ernannte Regierungschefin Hongkongs, Carrie Lam, hatte am 31. Juli die Wahlen für den Legislativrat um ein Jahr verschoben. Offiziell begründete sie dies mit dem Coronavirus und Sicherheitsbedenken.
Die Opposition reagierte empört und verwies auf umliegende Länder, die trotz der Corona-Pandemie Wahlen abhielten. Die Regierungsgegner werfen Lam vor, sie habe die Coronakrise als Vorwand benutzt, um die Demokratiebewegung in Schach zu halten.
Hongkong war sieben Monate lang von Massenprotesten erschüttert worden, teilweise mit gewalttätigen Ausschreitungen. Der Ausbruch der Corona-Pandemie und der Erlass des auch international scharf kritisierten Sicherheitsgesetzes legten die Proteste so gut wie lahm.
Die Priorität für Hongkong besteht im Moment darin, sich zu vereinen und das Virus gemeinsam zu bekämpfen.
In einer Erklärung am Sonntagabend verurteilte Hongkongs Regierung die «illegalen und egoistischen Aktionen» der Demonstranten. «Die Priorität für Hongkong besteht im Moment darin, sich zu vereinen und das Virus gemeinsam zu bekämpfen», sagte ein Regierungssprecher.