- Am Samstag wollte eine Gruppe Rechtsextremer den Reichstag stürmen. Nur drei Polizisten standen im Weg.
- Die teils gewaltsamen Proteste in Berlin werden von Politikern und Polizei scharf verurteilt.
- Die von der Verfassung garantierte Versammlungsfreiheit habe auch Grenzen, erklärte der deutsche Innenminister.
Demonstranten gegen die staatliche Corona-Politik hatten am Samstagabend eine Absperrung am Reichstagsgebäude in Berlin durchbrochen und waren auf die Reichstagstreppe gestürmt. Polizeibeamte drängten die Menschen zurück. Die Polizei setzte Pfefferspray ein, es kam zu Rangeleien.
Am Reichstagsgebäude hatte es zuvor eine Kundgebung gegeben. Bei Demonstranten waren auch die von Reichsbürgern verwendeten schwarz-weiss-roten Reichsflaggen zu sehen. Die Polizei löste die Demo dann auf. Einsatzkräfte räumten den Platz vor dem Reichstagsgebäude und schoben die Demonstranten weg.
Nur drei Polizisten sicherten das Gebäude
Videos, die im Internet kursieren, zeigen, wie die Menschen direkt vor der Tür des Reichstags stehen. Nur drei Polizisten standen ihnen noch im Weg.
Der Polizeispreche erklärte dazu: «Wir können nicht immer überall präsent sein, genau diese Lücke wurde genutzt, um hier die Absperrung zu übersteigen, zu durchbrechen, um dann auf die Treppe vor dem Reichstag zu kommen.»
Innenminister Seehofer: «unerträglicher» Vorgang
Die Eskalation der Proteste hat die Vertreter der deutschen Regierung auf den Plan gerufen. Gegenüber der «Bild am Sonntag» erklärte etwa Innenminister Horst Seehofer: Dass Chaoten und Extremisten das Reichstagsgebäude und damit die Wirkungsstätte unseres Parlaments und das symbolische Zentrum unserer freiheitlichen Demokratie für ihre Zwecke missbrauchten, sei unerträglich. Meinungsvielfalt sei zwar «ein Markenzeichen einer gesunden Gesellschaft».
Die Versammlungsfreiheit habe «aber dort ihre Grenzen, wo staatliche Regeln mit Füssen getreten» werden, erklärt der CSU-Politiker.
Sein Kollege im Kabinett, Finanzminister Olaf Scholz, twitterte: «Nazisymbole, Reichsbürger- und Kaiserreichflaggen haben vor dem Deutschen Bundestag rein gar nichts verloren.» Und sein SPD-Kollege, Aussenminister Heiko Maas, ergänzte: «Reichsflaggen vorm Parlament sind beschämend.»
«Es war erwartbar, was passiert ist»
Berlins Innensenator Andreas Geisel, der mit seinem Verbot für die Demonstration vor den Gerichten gescheitert war, bezeichnete die Ereignisse bei den Protesten als vorhersehbar: «Es war erwartbar, was heute passiert ist», sagte er am Abend in der ARD. Denn es hätten sich am Samstag nicht nur Menschen versammelt, die an einzelnen Entscheidungen der Regierung in Sachen Corona Kritik übten. Vielmehr seien unter den Demonstranten nicht wenige gewesen, die an «unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung insgesamt Zweifel hegen und sie angreifen wollen».
Die Menschen seien radikalisiert, erklärte Geisel. Und er glaube nicht, «dass es der Demokratie dient, wenn wir uns wegducken und keine Haltung zeigen».