- Inmitten der politischen Krise in Belarus hat Staatschef Alexander Lukaschenko seinen Innenminister abgesetzt.
- Nachfolger von Juri Karajew wird der 45 Jahre alte Polizeichef der Hauptstadt Minsk, Iwan Kubrakow. Das teilte Lukaschenko mit.
- Gründe für den überraschenden Wechsel an der Spitze des Innenministeriums nannte er zunächst nicht.
In Belarus gibt es seit Wochen Proteste gegen Lukaschenko. Karajew hatte erst am Vortag ein härteres Durchgreifen der Sicherheitskräfte gegenüber Demonstranten angedroht. Er war seit Mitte 2019 im Amt.
Karajew wird den Angaben zufolge neuer Beauftragter des Präsidenten in der Region Grodno an der Grenze zum EU-Land Polen. Diese Posten wurden auch für Minsk und Brest an der Grenze zu Polen neu besetzt. Diese Ämter sollen zudem künftig mit mehr Vollmachten ausgestattet werden. Bürgermeister und Gouverneure sollten so strenger kontrolliert werden, begründete der Lukaschenko.
«In den Regionen gehen 1000 bis 2000 Menschen protestieren. Das ist zwar nicht viel im Vergleich zu Minsk, aber immerhin», meinte der 66-Jährige. Beim Düngemittelhersteller Grodno Azot habe es zudem Streiks gegeben. «Das geht gar nicht.»
Proteste wegen umstrittener Präsidentenwahl
Hintergrund der Proteste ist die umstrittene Präsidentenwahl Anfang August. Der von Gegnern als «letzter Diktator Europas» bezeichnete Lukaschenko hatte sich mit mehr als 80 Prozent der Stimmen für eine sechste Amtszeit bestätigen lassen. Die Demokratiebewegung beansprucht den Sieg für die Bürgerrechtlerin Swetlana Tichanowskaja.
Bei der vergangenen Massendemonstration am Sonntag in Minsk mit mehr als 100'000 Menschen hatten die Sicherheitskräfte Blend-, Rauch- und Lärmgranaten gegen die Menschenmenge eingesetzt. Lukaschenko hatte erst am Mittwoch gesagt, dass er den Befehl dafür gegeben habe.
Seit Montag kommt es erneut punktuell zu Streiks im Land. Sie wurden auch am Donnerstag fortgesetzt. Für zunehmenden Unmut sorgt, dass viele Studenten wegen Teilnahme an Protesten exmatrikuliert wurden, wie in verschiedenen Kanälen des sozialen Netzwerkes Telegram zu lesen war. Deswegen gab es viele Solidaritätsaktionen.
Der russische Präsident Wladimir Putin sieht die Ankündigung Lukaschenkos für eine Verfassungsreform als einen «bedeutenden Schritt», den der Machthaber auf seine Gegner zugehe. «Was die Möglichkeit angeht, Präsidentenwahlen in Belarus abzuhalten, so sollte das vom belarussischen Volk und der Führung in Belarus festgelegt werden», sagte Putin bei einem Investitionsforum in Moskau. «Uns gehen diese Fragen gar nichts an.»