- In ganz Polen hat es am Abend erneut Proteste gegen die Verschärfung des Abtreibungsrechts gegeben.
- Für heute ruft die Frauenbewegung zu einem landesweiten Streik auf.
- Auch im Parlament wurde die Verschärfung des Abtreibungsrechts zum Thema.
Die Proteste gegen die drastische Verschärfung des Abtreibungsrechts haben in Polen nun auch das Parlament erreicht. Am Dienstag kam es laut polnischer Nachrichtenagentur PAP zu emotionalen Szenen, nachdem der stellvertretende Parlamentsvorsitzende Ryszard Terlecki von der nationalkonservativen Regierungspartei (PiS) die Symbole auf den Masken der Oppositionsabgeordneten mit denen von Nazis verglichen hatte.
Es gibt im Saal Abgeordnete, die Masken mit Zeichen tragen, die den Symbolen der Hitlerjugend und der SS ähneln.
Terlecki, auch PiS-Fraktionschef, sagte laut PAP: «Ich bedauere, sagen zu müssen, dass es im Saal unter den Abgeordneten der Linken und der Bürgerplattform Mitglieder gibt, die Masken mit Zeichen tragen, die den Symbolen der Hitlerjugend und der SS ähneln.» Das Protestsymbol auf der Maske zeigt einen roten Blitz – und richtet sich gegen das Urteil des Verfassungsgerichtshofs zur Abtreibung.
Eine Abgeordnete der Bürgerplattform lief daraufhin zum Rednerpult, machte auf die laufenden Massenproteste aufmerksam und kritisierte den PiS-Vorsitzenden Jaroslaw Kaczynski. Mehrere Linken-Abgeordnete kamen zum Podium und hielten Karten mit der Aufschrift «Frauen entscheiden» und «legale Abtreibung» in der Hand. Zwei Abgeordnete der Opposition wurden aus dem Plenarsaal verwiesen.
Kaczynski: Protestierende wolle Polen zerstören
PiS-Chef und stellvertretender Ministerpräsident Polens, Jaroslaw Kaczynski, wies die Kritik zurück. In einer Videobotschaft verurteilte er die Proteste und rief alle PiS-Mitglieder und PiS-Sympathisantinnen dazu auf, Polens Kirchen zu verteidigen. Kaczynski erklärte die Demonstrantinnen kurzerhand zu Straftäterinnen.
Ein baldiges Ende der Protest ist nicht abzusehen. Für heute Mittwoch hat etwa die polnische Frauenbewegung zu einem landesweiten Streik aufgerufen. «Wir nehmen unbezahlten Urlaub. Wir schliessen die Firma. Oder ganz einfach – wir gehen nicht zur Arbeit», heisst es in einem Aufruf der Organisation «Allpolnischer Frauenstreik».
Nach der Entscheidung des Verfassungsgerichts, wonach auch Schwangerschaftsabbrüche aufgrund schwerer Fehlbildungen des ungeborenen Kindes verfassungswidrig seien, protestieren in Polen seit Tagen Zehntausende. Das polnische Abtreibungsrecht zählte schon zuvor zu den strengsten in Europa.