Worum geht es? In Panama-Stadt beginnt die erste Gerichtsverhandlung im Land im Zusammenhang mit den «Panama Papers». In dem Verfahren wirft die Staatsanwaltschaft 33 Verdächtigen Geldwäscherei vor. Im April 2016 hatte das Internationale Konsortium Investigativer Journalisten (ICIJ) und zahlreiche Medien auf der ganzen Welt über gut 200'000 von der panamaischen Kanzlei Mossack Fonseca gegründete Briefkastenfirmen berichtet. In diesen sollen Politiker, Prominente, Sportler und Kriminelle aus aller Welt ihr Milliardenvermögen geschützt vor dem Fiskus geparkt haben.
Ernsthafte Aufarbeitung? Der Prozessbeginn in Panama ist mehrmals verschoben worden – als Grund dafür wurde jeweils die aufwendige Bearbeitung ausländischer Dokumente für den Prozess genannt. «Das erscheint als vorgeschobener Grund, um den Prozessbeginn hinauszuzögern», sagt ARD-Südamerikakorrespondent Markus Plate. Je mehr Zeit bis zum Prozess vergeht, desto schwieriger wird möglicherweise die Beweisführung und desto geringer wird das öffentliche Interesse am Thema. Zum möglichen Urteil sagt Plate: «Viel wird davon abhängen, ob das Gericht die Dokumente tatsächlich als Beweise für Geldwäscherei akzeptieren wird.»
Die Gesichter hinter den «Panama Papers»
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Bild 1 von 9. Die Enthüllungen betreffen auch Wladimir Putins Umfeld. Demnach besitzt der Cellist Sergei Roldugin, einer seiner engsten Freunde, zwei Offshore-Firmen. Die Gelder werden von der Bank Rossija gesteuert, deren Führung direkte Kontakte zum Präsidenten hat. Beide Briefkasten-Firmen halten grosse Beteiligungen an wichtigen russischen Unternehmen. Bildquelle: Reuters.
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Bild 2 von 9. Die «Panama Papers» weisen auch nach Syrien. Die Brüder Rami und Hafez Makhlouf haben als Cousins des Machthabers Assad (Bild) und über zahlreiche Offshore-Firmen ein Vermögen angehäuft. Durch ihre Beteiligung am Bürgerkrieg stehen sie ganz oben auf den Sanktionslisten. Trotzdem konnten sie vier Millionen Dollar von Schweizer Konten frei bekommen. Bildquelle: Reuters.
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Bild 3 von 9. Salman bin Abdulaziz bin Abdulrahman al-Saud ist seit Januar 2015 König von Saudi-Arabien. Er steht in Verbindung mit einer luxemburgischen Offshore-Firma, die Beteiligungen an zwei weiteren Firmen hielt, die Hypotheken für Luxus-Immobilien in London aufnahmen. Beide Hypotheken stehen im Zusammenhang mit Salman. Bildquelle: Reuters.
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Bild 4 von 9. Vom Daten-Leck betroffen ist auch Sigmundur Davíð Gunnlaugsson. Er ist als grosser Bankenkritiker zum Premierminister Islands gewählt worden. Seine Offshore-Firma besass Anleihen von drei kollabierten isländischen Banken im Wert von vier Millionen Dollar. Gunnlaugsson trat nach Protesten zurück. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 9. Petro Poroschenko ist seit Frühjahr 2014 Präsident der Ukraine. Eines seiner Wahlversprechen war, dass er seinen Roshen-Konzern verkaufen und reinen Tisch machen würde. Die Enthüllungen zeigen nun: Bereits im September 2014 hatte er eine Briefkasten-Firma für Tochter-Unternehmen seines Konzerns gegründet. Bildquelle: Reuters.
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Bild 6 von 9. Zwischen 1998 und 2009 hat der amtierende argentinische Präsident Mauricio Macri zusammen mit seinem Vater und seinem Bruder die Firma «Fleg Trading Ltd.» unterhalten. Während seiner Zeit als Bürgermeister von Buenos Aires hat Macri seine finanzielle Verbindungen zum Unternehmen 2007 und 2008 steuerlich nicht deklariert. Bildquelle: Reuters.
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Bild 7 von 9. Für den Fussball-Superstar Lionel Messi könnte es ebenfalls ungemütlich werden. Zusammen mit seinem Vater hat er die Briefkasten-Firma «Mega Star Enterprises» gegründet. Das Unternehmen und seine Gelder tauchen in keiner Steuererklärung auf. Dabei muss sich Messi bereits im Mai wegen Steuerhinterziehung vor der spanischen Justiz verantworten. Bildquelle: Reuters.
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Bild 8 von 9. Kompliziert könnte es bei der Fifa werden: Das Geschäftsgebaren des Ethik-Kommissars Juan Pedro Damiani ist Teil der Enthüllungen. Seine Kanzlei verwaltet weltweit Briefkasten-Firmen und gehört zu den wichtigeren Kunden von Mossack Fonseca. Zu Damianis Klientel gehören unter anderem drei Hauptbeschuldigte des Korruptionsskandals in der Fifa. Bildquelle: Reuters.
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Bild 9 von 9. Auch Personen aus dem Showbusiness tauchen in den «Panama Papers» auf. Der Schauspieler Jackie Chan soll sechs Offshore-Firmen besitzen. Was deren Zwecke sind, ist jedoch unklar. Er könnte sie zur legalen Steueroptimierung verwenden. Bildquelle: Reuters.
Wie reagiert man in Panama? Der erste Prozess im Zusammenhang mit den «Panama Papers» sorgt im Land selbst nur für wenig Aufsehen. Die Menschen hätten andere Probleme, sagt der Journalist Plate. «Man diskutiert über den El-Ninõ und den Wassermangel am Panama-Kanal, es gibt die Migranten, die im Grenzgebiet zwischen Panama und Kolumbien im Dschungel festhängen oder den Ex-Präsidenten Ricardo Martinelli, der erst kürzlich zu zehn Jahren Gefängnis wegen Geldwäscherei verurteilt worden ist.» International werde der Prozess um die «Panama Papers» sicher aufmerksamer mitverfolgt, ist sich Plate sicher.
Schweizer Anwälte und Finanzintermediäre organisierten für ihre Kundinnen und Kunden die Steuerhinterziehung.
Was waren die Folgen des Skandals von 2016? Neben dem Panama-Kanal war die Vermögensverwaltung in den Jahren nach der Jahrtausendwende zu einem immer wichtigeren Standbein der panamaischen Wirtschaft geworden. Mit dem Skandal um Mossak Fonseca und den «Panama Papers» musste diese Branche nach 2016 einen herben Rückschlag verkraften. «Die Zahl der Stiftungen und Briefkastenfirmen ging um 40 Prozent zurück», sagt der Journalist Plate. Hinzu kamen internationale Probleme, wie etwa die Listung Panamas auf der sogenannten grauen Liste der Steueroasen der EU. Immerhin: Seit 2019 ist Steuerhinterziehung in Panama ein Straftatbestand.
Und die Schweiz? Die Enthüllungen von 2016 zeigten, dass viele Fäden der mutmasslichen Geldwäschereifälle in Panama in die Schweiz führten. «Schweizer Anwälte und Finanzintermediäre organisierten für ihre Kundinnen und Kunden die Steuerhinterziehung», sagt Angela Mattli von der NGO Public Eye, die 2016 an den Recherchen beteiligt war. Die Folge war eine Debatte über eine Verschärfung des Geldwäschereigesetzes in der Schweiz – die 2021 aber vom Parlament vorläufig versenkt wurde. Jetzt will der Bundesrat in Kürze eine neue Vorlage präsentieren. «Es braucht jetzt Druck vom Gesetzgeber, die vorhandenen Lücken zu schliessen», betont Mattli.