Das Wichtigste in Kürze
- Rund um den Globus begannen Behörden vor einem Jahr wegen der «Panama Papers» zu ermitteln.
- Prominente aus Politik, Wirtschaft und Sport gerieten ins Viser der Ermittler. In Island brachte die Affäre den damaligen Ministerpräsidenten zu Fall.
- Ein Jahr danach zeigt sich: Die Untersuchungskommission der EU kommt nur schleppend voran; politisch ist noch viel zu tun.
Was sind die Panama Papers? Am 3. April 2016 gelangten die «Panama Papers» an die Öffentlichkeit. Sie zeigen die versteckten Inhaber von Briefkastenfirmen und wer mit diesen Geschäfte getätigt hat.
Die Quelle: Die Informationen über die Offshore-Geschäfte basieren auf einem Datenleck bei der panamaischen Anwaltskanzlei Mossack Fonseca. Die 11,5 Millionen Dokumente wurden der «Süddeutschen Zeitung» von einer anonymen Quelle zugespielt. Die Auswertung erfolgte zusammen mit dem Internationalen Konsortium für Investigative Journalisten (ICIJ) in Washington.
Wer war betroffen? In den Panama Papers tauchten die Namen von mehreren amtierenden Staatsoberhäuptern auf. Kurz nach der Enthüllung trat der isländische Premier Sigmundur David Gunnlaugsson zurück. Auch der ehemalige britische Premierminister David Cameron, der argentinische Präsident Mauricio Macri, der spanische Regisseur Pedro Almodovar, der Schauspieler Jackie Chan und der Fussballer Lionel Messi kamen durch die Panama Papers in Bedrängnis.
Die Gesichter hinter den «Panama Papers»
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Bild 1 von 9. Die Enthüllungen betreffen auch Wladimir Putins Umfeld. Demnach besitzt der Cellist Sergei Roldugin, einer seiner engsten Freunde, zwei Offshore-Firmen. Die Gelder werden von der Bank Rossija gesteuert, deren Führung direkte Kontakte zum Präsidenten hat. Beide Briefkasten-Firmen halten grosse Beteiligungen an wichtigen russischen Unternehmen. Bildquelle: Reuters.
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Bild 2 von 9. Die «Panama Papers» weisen auch nach Syrien. Die Brüder Rami und Hafez Makhlouf haben als Cousins des Machthabers Assad (Bild) und über zahlreiche Offshore-Firmen ein Vermögen angehäuft. Durch ihre Beteiligung am Bürgerkrieg stehen sie ganz oben auf den Sanktionslisten. Trotzdem konnten sie vier Millionen Dollar von Schweizer Konten frei bekommen. Bildquelle: Reuters.
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Bild 3 von 9. Salman bin Abdulaziz bin Abdulrahman al-Saud ist seit Januar 2015 König von Saudi-Arabien. Er steht in Verbindung mit einer luxemburgischen Offshore-Firma, die Beteiligungen an zwei weiteren Firmen hielt, die Hypotheken für Luxus-Immobilien in London aufnahmen. Beide Hypotheken stehen im Zusammenhang mit Salman. Bildquelle: Reuters.
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Bild 4 von 9. Vom Daten-Leck betroffen ist auch Sigmundur Davíð Gunnlaugsson. Er ist als grosser Bankenkritiker zum Premierminister Islands gewählt worden. Seine Offshore-Firma besass Anleihen von drei kollabierten isländischen Banken im Wert von vier Millionen Dollar. Gunnlaugsson trat nach Protesten zurück. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 9. Petro Poroschenko ist seit Frühjahr 2014 Präsident der Ukraine. Eines seiner Wahlversprechen war, dass er seinen Roshen-Konzern verkaufen und reinen Tisch machen würde. Die Enthüllungen zeigen nun: Bereits im September 2014 hatte er eine Briefkasten-Firma für Tochter-Unternehmen seines Konzerns gegründet. Bildquelle: Reuters.
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Bild 6 von 9. Zwischen 1998 und 2009 hat der amtierende argentinische Präsident Mauricio Macri zusammen mit seinem Vater und seinem Bruder die Firma «Fleg Trading Ltd.» unterhalten. Während seiner Zeit als Bürgermeister von Buenos Aires hat Macri seine finanzielle Verbindungen zum Unternehmen 2007 und 2008 steuerlich nicht deklariert. Bildquelle: Reuters.
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Bild 7 von 9. Für den Fussball-Superstar Lionel Messi könnte es ebenfalls ungemütlich werden. Zusammen mit seinem Vater hat er die Briefkasten-Firma «Mega Star Enterprises» gegründet. Das Unternehmen und seine Gelder tauchen in keiner Steuererklärung auf. Dabei muss sich Messi bereits im Mai wegen Steuerhinterziehung vor der spanischen Justiz verantworten. Bildquelle: Reuters.
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Bild 8 von 9. Kompliziert könnte es bei der Fifa werden: Das Geschäftsgebaren des Ethik-Kommissars Juan Pedro Damiani ist Teil der Enthüllungen. Seine Kanzlei verwaltet weltweit Briefkasten-Firmen und gehört zu den wichtigeren Kunden von Mossack Fonseca. Zu Damianis Klientel gehören unter anderem drei Hauptbeschuldigte des Korruptionsskandals in der Fifa. Bildquelle: Reuters.
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Bild 9 von 9. Auch Personen aus dem Showbusiness tauchen in den «Panama Papers» auf. Der Schauspieler Jackie Chan soll sechs Offshore-Firmen besitzen. Was deren Zwecke sind, ist jedoch unklar. Er könnte sie zur legalen Steueroptimierung verwenden. Bildquelle: Reuters.
Wieso eigentlich Panama? Panama hat ein liberales Bankengesetz, das zahlreiche Kreditinstitute anlockt. Zudem bietet Panama tiefe Steuern für Firmen an. Das Land galt bisher nicht als kooperativ. Jetzt hat die Regierung aber unter dem internationalen Druck eingewilligt, sich ab 2018 dem automatischen Informationsaustausch von Finanzdaten anzuschliessen.
Was ist politisch passiert? Seit den Enthüllungen begannen 150 Untersuchungen in über 70 Ländern. Frankreich hat Panama auf die Liste von Steueroasen gesetzt. Die Mongolei hat inzwischen ein Gesetz eingeführt, das Politikern Offshore-Geschäfte grundsätzlich verbietet. Auch in Taiwan, Libanon und Neuseeland werden Geschäfte mit Briefkastenfirmen nun stärker kontrolliert. Zudem hatte die EU nach den Enthüllungen Steuerflucht den Kampf angesagt. Ende 2017 will sie eine gemeinsame schwarze Liste von Steueroasen präsentieren. Doch da ist längst keine Einigung in Sicht: Es herrscht nach wie vor Streit darüber, nach welchen Kriterien Länder auf der Liste landen sollen.
Welche Rolle hat die EU? Der sogenannte Pana-Untersuchungsausschuss des EU-Parlaments befasst sich seit Juni 2016 mit der Affäre. Doch er kommt immer mehr an seine Grenzen: Regelmässig sagen geladene Zeugen ihre Teilnahme einfach ab. Der Abschlussbericht soll im Oktober 2017 fertig sein.
Und die Schweiz? Die Steuerverwaltung hat in der Schweiz 450 Personen und Firmen mit einem Bezug zu den Panama Papers gefunden. Die Ermittlungen gegen Unbekannt seien noch im Gang, die Beweismittel werden ausgewertet, sagte eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft der «Sonntagszeitung». Die Finanzmarktaufsicht (Finma) hat seit den Enthüllungen verschiedene Schweizer Anwälte ins Visier genommen und ihre Kontrollen daher verstärkt. Auch gegen Banken ging die Finma mit vertieften Abklärungen vor, als Hauptinvolvierte gelten UBS und Credit Suisse.
Wie geht es Mossack Fonseca? Die Kanzlei ist am Ende, musste zahlreiche Büros schliessen. Kürzlich liess sie verlauten, dass sie aufgrund des öffentlichen Drucks 250 Arbeitskräfte entlassen musste. Die beiden Firmengründer Jürgen Mossack und Ramón Fonseca sitzen zudem seit Februar wegen Verdachts auf Geldwäscherei in Untersuchungshaft.
Ist der Skandal abgeschlossen? Nein. In zahlreichen Staaten dauern die Untersuchungen zum Missbrauch von Briefkastenfirmen in Steueroasen an. Ob das Ganze strafrechtliche Konsequenzen hat, ist noch nicht klar.