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Gambia klagt gegen Myanmar wegen Völkermords
Aus SRF 4 News aktuell vom 22.07.2022. Bild: Keystone
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Prozess zum Genozid in Myanmar Wer die Rohingya sind – und wie es zur Völkermord-Klage kam

Die Rohingya werden seit Jahrzehnten ausgegrenzt. Fragen und Antworten zur weltweit grössten staatenlosen Volksgruppe.

Worum geht es? Die muslimische Minderheit der Rohingya wird in ihrem Heimatland Myanmar (auch: Burma) verfolgt. Mehr als 700'000 Menschen flohen 2017 aus Furcht vor Übergriffen des Militärs in dem mehrheitlich buddhistischen Land ins Nachbarland Bangladesch. Dort leben sie nun in überfüllten Lagern. Der Internationale Gerichtshof hat nun den Weg frei gemacht für einen Völkermord-Prozess gegen Myanmar. Das höchste Gericht der Vereinten Nationen wies am Freitag in Den Haag eine Beschwerde des Militärregimes des südostasiatischen Landes in allen Punkten zurück. Gambia hatte Myanmar wegen des Völkermordes an der muslimischen Rohingya-Minderheit vor den Gerichtshof gebracht. Vertreter der Militärführung hatten aber erklärt, dass das Gericht nicht zuständig sei.

Rohinyga auf dem Weg in einem Feld
Legende: Laut eigenen Angaben sind Rohingya vor allem in der Landwirtschaft tätig. Die Verfolgung hindert sie allerdings an der Ausübung ihrer Tätigkeiten. Heute herrscht extreme Armut vor. Reuters

Wie viele Rohingya gibt es? Es gibt Berichte von 750'000 bis zu zwei Millionen Rohingya im Gebiet von Myanmar. Etwa eine Million weiterer Rohingya sollen als Flüchtlinge in Bangladesch und weiteren Staaten leben. Die Rohingya leben um die Städte Buthidaung und Maungdaw im nördlichen Teil des Staates Rakhine im Westen Myanmars. Weitere grosse Communitys gibt es ausser in Bangladesch in Pakistan, Saudi-Arabien, Malaysia und Thailand.

Ein Lager von Rohingya in Bangladesh
Legende: Die Flüchtlingswelle im August 2017 war nicht die erste. Es gab bereits Ende der 1970er-Jahre und Anfang der 1990er-Jahre zwei grosse Fluchtwellen von Rohingya. imago images

Warum werden die Rohingya verfolgt? Es gibt in Myanmar viele verschiedene ethnische Gruppen – und die Konflikte beschränken sich nicht auf den Bundesstaat Rakhine. Das Zusammenleben klappt allgemein sehr schlecht. Die Muslime und die Rohingya werden aber besonders stark diskriminiert. Die antimuslimischen Ressentiments sind bei der buddhistischen Mehrheit in Myanmar sehr gross.

Jahrzehntelange Ausgrenzung

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Die Rohingya werden seit Jahrzehnten ausgegrenzt. Und weil sie in Myanmar als Einwanderer und nicht als Minderheit gelten, anerkennt die Regierung sie nicht als Staatsbürger. Das wurde 1982 im Staatsbürgerschaftsgesetz festgeschrieben. Rohingya können somit nicht wählen und sich auch nicht frei bewegen. Wenn sie heiraten wollen, müssen sie die Behörden um Erlaubnis bitten. Amnesty International berichtet auch von willkürlicher Besteuerung, Erpressung, Landbeschlagnahmungen und Zwangsarbeit.

Wie kam es zur Völkermord-Klage? Die aktuelle Krise begann mit einem Überfall auf drei Polizeiposten in Myanmar an der Grenze zu Bangladesch im Oktober 2016. Rohingya-Rebellen töteten neun Polizisten. Daraufhin riegelte die Armee Teile des Gliedstaates Rakhine ab. Das Militär startete eine Offensive gegen die gesamte Rohingya-Bevölkerung. Dörfer wurden geplündert und abgebrannt. Es kam zu Exekutionen und Vergewaltigungen. Viele Menschen wurden vertrieben und getötet. Die UNO hat die Armeeangriffe auf die Rohingya in Myanmar als mutmassliche ethnische Säuberung kritisiert. Die damalige Regierung von Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi stellte die Rohingya als Terroristen dar.

Gibt es unter den Rohingya tatsächlich Terroristen?

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Laut der Myanmar-Spezialistin Jasmin Lorch ist es sehr schwierig, etwas dazu zu sagen. Es deute vieles darauf hin, dass die «Arakan Rohingya Salvation Army», die sich zu den Angriffen auf die Polizeistationen bekannt hat, so etwas ist wie eine klassische Aufständischen-Armee sei. «Es ist möglich, dass da Verbindungen zu militanten und islamistischen oder gar terroristischen Gruppen bestehen. Aber nachgewiesen ist es nicht», sagt Lorch.

Wer hat geklagt? Die Klage wegen Völkermords gegen das südostasiatische Land war 2019 vom westafrikanischen Gambia im Namen der Organisation für Islamische Zusammenarbeit eingebracht worden.

Bub sitzt auf verbranntem Zeug
Legende: In vielen Flüchtlingscamps der Rohingya herrschen desolate Zustände. Immer wieder brechen Feuer aus und zerstören hunderte Unterkünfte, wie im Flüchtlingslager Balukhali in Cox's Bazar, Bangladesch, in 2021. Reuters

Wieso klagt Gambia? Als Gambia 2019 die Klage gegen Myanmar eingereicht hat, war der damalige Justizminister Gambias sehr engagiert, was Völkerrecht und Völkerstrafrecht anbetrifft. Thomas Verfuss, SRF-Mitarbeiter in Den Haag, sagt: «Die Rohingya sind eine muslimische Minderheit. Gambia ist ein muslimisches Land und Mitgliedsstaat der Organisation der Islamischen Staaten. Aber nur ein individuelles Land kann beim Internationalen Gerichtshof eine Klage einreichen. Und da hat man sich Gambia ausgesucht.» Andere, reichere muslimische Staaten würden die Klage wohl mitfinanzieren.

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Archiv: UN-Gericht – Myanmar muss Rohingya vor Genozid schützen
aus Rendez-vous vom 23.01.2020. Bild: Keystone
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SRF 4 News aktuell, 22.07.2022, 08:40 Uhr ; 

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