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Wird Gerhard Schröder aus der SPD ausgeschlossen?
Aus SRF 4 News aktuell vom 27.04.2022. Bild: Imago
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Putin-Freund in Deutschland «Der Druck auf Ex-Kanzler Schröder ist enorm geworden»

Bei den deutschen Sozialdemokraten steigt der Druck, den früheren Bundeskanzler Gerhard Schröder aus der Partei auszuschliessen – wegen seiner Nähe zu Wladimir Putin und den Ämtern in der russischen Energieindustrie. Einschätzungen von «Welt»-Journalistin Claudia Kade nach den jüngsten Äusserungen Schröders.

Claudia Kade

Ressortleiterin Politik bei der «Welt»

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Claudia Kade ist seit 2017 als Ressortleiterin Politik bei der deutschen Tageszeitung «Die Welt» tätig. Sie ist regelmässig Gast in Talkshows.

SRF News: Schröders Nähe zu Putin wird seit Kriegsbeginn in der Ukraine kritisiert. Wie stark ist der Druck auf ihn gestiegen?

Claudia Kade: Der Druck auf Schröder ist inzwischen enorm. Der bisher letzte Akt war sein Interview in der «New York Times» vom Wochenende, in dem er die Rolle Putins als Aggressor relativierte und die Verantwortung Putins für Kriegsverbrechen in der Ukraine infrage stellte. Das hat auch führende Sozialdemokraten aufgeweckt und Parteichefin Saskia Esken bewogen, ihn öffentlich zum Austritt aufzufordern. Als Nächstes könnte der Parteivorstand einen Ausschluss Schröders anstrengen, was die SPD aber noch scheut.

Auch mehrere SPD-Verbände fordern den Ausschluss Schröders. Wie realistisch ist das?

Die Verbände gehen mit ihrer Ausschlussforderung schon einen Schritt weiter und setzen nicht auf Schröders Freiwilligkeit wie die Parteispitze. Deren Vorgehen ist hochriskant, denn Schröder sieht sich absolut im Recht und keinerlei Anlass, weder die Ämter bei den Energiekonzernen niederzulegen noch seine Parteimitgliedschaft.

Die Partei hat schon mehrere Ausschlussverfahren hinter sich, die sich über Jahre hinzogen.

Ein Parteiausschluss, wie dies einige Basisverbände fordern, birgt für die SPD aber auch Risiken. Denn solche Verfahren dauern in Deutschland sehr lange und es gibt sehr hohe Hürden: Es muss massives parteischädigendes Verhalten vorliegen. Das muss ein Schiedsgericht der Partei bestätigen. Der Betroffene hat Rechtsmittel vor herkömmlichen Gerichten. Die Partei hat schon mehrere Ausschlussverfahren hinter sich, die sich über Jahre hinzogen, teils auch mit juristischen Niederlagen.

Ist es nicht unwahrscheinlich, dass Schröder freiwillig geht?

In der Tat hat sich Schröder bisher sehr hartleibig gezeigt. Bereits zu Beginn des Überfalls auf die Ukraine legte man ihm nahe, zumindest die Ämter abzugeben. Denn er wird ja im Prinzip jetzt direkt von Putin bezahlt. Gewisse Stimmen in der SPD erinnern, dass er zumindest den Ehrenbürger-Titel seiner Heimatstadt Hannover freiwillig abgegeben habe. Auf solche Hoffnungen setzt jetzt die Partei.

Wieso ist Schröder noch derart belastend, obwohl er keine politischen Ämter mehr hat?

Als ehemaliger Bundeskanzler sollte Schröder ein Aushängeschild für die Partei sein. Zudem hat die SPD unter ihrem aktuellen Bundeskanzler Olaf Scholz mit Beginn des Krieges eine «Zeitenwende» angekündigt.

Wenn Deutschland glaubwürdig sein will, gehört ein Bruch Schröders mit Putin dazu.

Das bezieht sich auf die Aussen- und Sicherheitspolitik Deutschlands, aber auch auf den Umgang der Sozialdemokratie mit Russland und Putin. Hier will man selbstkritisch einen Strich ziehen und sich neu aufstellen. Dazu gehört ein Bruch Schröders mit Putin, wenn man glaubwürdig sein will.

Schröder und Putin
Legende: Enge Bande: Kreml-Chef Wladimir Putin und Gerhard Schröder, Verwaltungsratspräsident der Nord Stream 2 AG, am 14. Juni 2018 in Moskau anlässlich der Fussball-WM-Vorrunde. Keystone

Zudem gibt es noch zahlreiche Sozialdemokraten in mächtigen Parteipositionen, die mit Schröder eng zusammengearbeitet hatten. So etwa der heutige SPD-Co-Vorsitzende Lars Klingbeil oder Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der unter Schröder Kanzleramtschef war. Es wäre also für die SPD sehr wichtig, wenn Schröder den Bruch vollzieht. Dann hätte Kanzler Scholz schon einmal einen grossen Brocken an Belastung weniger, was die Vergangenheitsbewältigung angeht.

Das Gespräch führte Vera Deragisch.

SRF 4 News, 27.04.2022, 07:20 Uhr ; 

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