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Libanon: Israel greift Banken an
Aus Echo der Zeit vom 21.10.2024. Bild: Keystone/Hussein Malla
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Qard al Hassan Banken Israels Armee greift in Libanon Banken an – warum?

Israel hat es in Libanon nicht mehr nur auf militärische Ziele der Hisbollah abgesehen, sondern auch auf deren Finanzstruktur. Was bezweckt Israel damit und was bedeutet es für die libanesische Gesellschaft?

Qard al Hassan heissen die Banken, die von der israelischen Armee beschossen wurden. Qard al Hassan, heisst auf Deutsch «Der gute Kredit». Gut sind die Kredite aus muslimischer Sicht, weil sie nach islamischem Recht funktionieren, das bestimmte Bedingungen an Zinsen und an Vergabe von Krediten stellt. Gut aber auch, weil diese Banken selbst während der Bankenkrise in Libanon weitgehend weiter funktionierten, sagt Heiko Wimmen von der Denkfabrik International Crisis Group. Diese Banken seien keine Banken im üblichen Sinn. «Es sind sogenannte Mikrokreditinstitutionen, offiziell eine Art Kooperative», erklärt Wimmen.

Diese Kreditkooperativen funktionieren ausserhalb des formellen Bankenwesens und haben sich daher nicht verspekuliert wie die meisten anderen Banken im Land. Wer in den letzten Jahren einen Kredit für sein Geschäft oder den Hausbau aufnehmen wollte, ging zu den al-Hassan Banken, da diese noch beinahe als einzige Kreditanstalten überflüssige Mittel verfügten.

Finanzieller Arm der Hisbollah

Genutzt wurden sie vor allem von der schiitischen Bevölkerung, welche der Hisbollah am nächsten steht, aber nicht nur, sagt Heiko Wimmen. Es habe auch Kunden aus anderen Gemeinschaften gegeben – also nicht nur schiitische Kunden. Diese wussten entweder diese Kleinkredite zu schätzen, oder eben dieser Bank mehr vertrauen.

Die Bombardierung dieser Filialen hat – würde ich vermuten – den Zweck der Bevölkerung deutlich zu machen, dass was immer ihr an Hisbollah in Eurer Nähe habt, bringt Euch in Gefahr.
Autor: Heiko Wimmen International Crisis Group

Doch die al Hassan Institutionen werden international als finanzieller Arm der Hisbollah angesehen. Seit 2007 stehen sie auf den Sanktionslisten der USA und Saudi-Arabiens.

Ein Vorwurf, der nicht komplett von der Hand zu weisen sei, sagt der Libanonexperte von der Crisis Group: «Die Behauptung ist, dass diese Kreditkooperativen als Instrumente der Geldwäsche benutzt werden und auf diesem Weg transferiert der Iran Geld an die Hisbollah.» Doch dies sei schwer zu beweisen, insbesondere weil das gesamte Bankenwesen in Libanon als höchst intransparent gilt.

Ziel der israelischen Armee: gesellschaftliche Isolation der Hisbollah

Sicherlich wird durch den Beschuss der Filialen, das Kreditwesen in Libanon weiter geschwächt, was potenziell auch die Hisbollah in Schwierigkeiten bringen könnte. Doch Heiko Wimmen vermutet einen anderen Grund hinter dem Beschuss der Filialen, die im ganzen Land verteilt sind. «Die Bombardierung dieser Filialen hat – würde ich vermuten – den Zweck, der Bevölkerung deutlich zu machen, ‹was immer ihr an Hisbollah in Eurer Nähe habt, bringt Euch in Gefahr›.»

Klar trifft das auch die Leute, die auf solche Institutionen angewiesen sind.
Autor: Heiko Wimmen International Crisis Group

Damit versuche die israelische Armee die Hisbollah in Libanon gesellschaftlich zu isolieren, eben weil die al Hassan Filialen stark mit der Hisbollah und der schiitischen Bevölkerungsschicht assoziiert werden. Doch die Angriffe auf die al Hassan Kreditanstalten sind längst nicht nur für die Hisbollah ein Problem. Grosse Teile der schiitischen Bevölkerung beziehen dort ihr Geld.

Über eine Million Menschen sind auf der Flucht, und diese Menschen dürften nun zusätzlich betroffen sein. Klar treffe das auch die Leute, die auf solche Institutionen angewiesen seien, erklärt Wimmen. So dürften die Anschläge wohl weniger die Hisbollah selbst treffen als die Leute, die auf der Flucht mehr denn je auf Kredite angewiesen sind.

Echo der Zeit, 21.10.2024, 18:00 Uhr

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