158 Drohnen und Raketen habe Russland in der Nacht auf die Ukraine geschossen, schreibt die ukrainische Luftwaffe. Es soll einer der umfangreichsten Angriffe seit Beginn von Russlands Grossinvasion gewesen sein. Viele Flugkörper konnten abgewehrt werden, doch es gab Einschläge in den Städten Kiew, Odessa, Dnipro und auch im westlichen Lwiw, das vom Krieg bislang weitgehend verschont geblieben ist und wo viele Menschen in relativer Ruhe die Festtage geniessen wollten.
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski teilte mit, bei den Angriffen seien Wohnhäuser und eine Entbindungsstation getroffen worden. Aus Kiew berichten Medien, auch ein grösseres Lagerhaus sei zerstört worden.
Vorzeichen eines schweren Winters
Spekuliert wird darüber, ob Russland damit auf einen Angriff auf eines seiner Landungsschiffe reagiert hat. Vor vier Tagen war es der Ukraine gelungen, das grössere russische Kriegsschiff «Nowotscherkassk» im Hafen von Feodosia auf der Krim zu zerstören; ein weiterer Erfolg im Kampf gegen die russische Schwarzmeerflotte.
Der Beschuss von letzter Nacht könnte auch ein Vorzeichen eines schweren Winters in der Ukraine sein. Schon im Vorjahr hatte Russland versucht, in der kalten Jahreszeit die ukrainische Energieversorgung auszuschalten. Nun, da weitere westliche Unterstützung ungewiss ist, kommt die ukrainische Luftabwehr unter zunehmenden Druck.
Ukraine ist so verwundbar wie seit Langem nicht mehr
Es wird sich zeigen, ob eskalierende russische Angriffe die westlichen Staaten dazu bewegen, die Belieferung der Ukraine mit Waffen wieder hochzufahren. Der Kreml hofft trotzdem weiterhin, dass die westliche Hilfsbereitschaft schwindet.
Er hält an seinen Zielen fest, den Nachbarn zu «entmilitarisieren» und «entnazifizieren» – gemeint ist eine Kapitulation der Ukraine und ein Regierungswechsel in Kiew. Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass Russland seine Angriffe ausweitet – zu einem Zeitpunkt, zu dem die Ukraine so verwundbar scheint wie schon lange nicht mehr.