Rama-Meloni-Vereinbarung - Italien will in Albanien Migrationszentren bauen
Italien will in Albanien Migrationszentren bauen und betreiben. Diese Ankündigung hat überrascht. Die Bewohnerinnen und Bewohner der betroffenen Ortschaften erfuhren davon nur aus den Medien und reagieren mit gemischten Gefühlen.
Nur wenige Schiffe liegen vor dem Hafen Shëngjins vor Anker. Die Kleinstadt im Norden Albaniens lebt vor allem vom Badetourismus.
Doch schon bald dürfte der Hafen im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen. Hier sollen die im Mittelmeer aufgegriffenen Männer registriert werden.
Lazer Lleshi führt ein Restaurant und ein Hotel im Ort. Er habe nichts gegen die Migranten, sagt er. Das seien Menschen in Not. Allerdings hätte es wohl bessere Orte als Shëngjin gegeben. «Herumlaufende Gruppen von Migranten, oder noch mehr verstopfte Strassen, wären schlecht fürs Geschäft». Aber solange alles gut organisiert sei, sehe er keinen Grund für Probleme.
Migrationspartnerschaft
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Anfang Oktober verkündete die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni gemeinsam mit ihrem albanischen Amtskollegen Edi Rama eine Migrationspartnerschaft. Bereits ab kommendem Frühling soll ein Teil der Migranten und Migrantinnen, die auf dem Mittelmeer von der italienischen Küstenwache aufgegriffen werden, in Albanien untergebracht werden.
Gemäss Ankündigung sollen jedoch nur volljährige Männer nach Albanien gebracht werden. Dafür sind Auffanglager in Shëngjin und Gjader geplant. Sie sollen Platz für bis zu 3000 Menschen pro Monat bieten und werden von Italien finanziert und betrieben. Die Menschen sollen so lange in Albanien bleiben, bis ihr Asylgesuch geprüft wurde. Bei einem positiven Bescheid dürfen sie nach Italien einreisen, bei einem negativen Entscheid soll sich Albanien um die Rückführung kümmern. Allerdings bezweifeln Experten und Expertinnen in beiden Ländern die Rechtmässigkeit des Abkommens.
Nach der Registrierung sollen die Migranten ins Landesinnere gebracht werden, auf das Gelände eines brachliegenden Militärflughafens im nahegelegenen Dorf Gjader. Hühner rennen über die Rollbahn, die mittlerweile als Strasse genutzt wird. Das Militär nutzt das Gelände schon lange nicht mehr.
Jener Bereich, in dem schon bald die Migranten untergebracht werden sollen, ist abgesperrt. Hinter dem Zaun sind leerstehende, baufällige Gebäude zu sehen. Es ist schwer vorstellbar, wie hier bis im kommenden März, wie von der Regierung beabsichtigt, die Infrastruktur für 3000 Menschen entstehen soll.
Die Einwohner wurden nicht informiert
Es ist eine arme Gegend. Viele Häuser stehen leer. Die meisten Menschen haben sich in den letzten Jahren selbst auf den Weg ins Ausland gemacht. Die Zurückgebliebenen leben vor allem von der Landwirtschaft.
Spricht man mit den Menschen, zeigt sich, dass sie nicht über die Pläne der Regierung informiert worden sind. Trotzdem hört man kaum Kritik am Vorhaben. Albaner seien hilfsbereit und als sie selbst in grosser Zahl migrierten, habe man ihnen auch geholfen.
Diese Argumente hört man immer wieder, auch von Gjon Doka. Er führt einen der beiden Läden im Dorf. Solange die Migranten in den Lagern blieben und nicht frei herumlaufen dürften, habe er nichts dagegen. Der Staat mache sowieso, was er wolle. Die Interessen der Menschen hier zählten da nicht: «Wenn der Staat es will, fliesst das Wasser stromaufwärts», sagt Doka achselzuckend.
Viele offene Fragen
Die grösste Oppositionspartei Albaniens will das Migrationsabkommen vom Verfassungsgericht prüfen lassen. Dazu kommen Fragen zur praktischen Umsetzung. Was geschieht mit jenen Männern, die sich nach einem negativen Asylentscheid weigern, ins Heimatland zurückzukehren? Viele EU-Länder scheitern mit ihren Rückführungen. Wieso soll es nun ausgerechnet in Albanien klappen? Gelingen die Rückführungen nicht, wie von vielen erwartet, dürften die Lager in kurzer Zeit überfüllt sein. Wie geht es dann weiter?
Solange diese Fragen nicht geklärt sind, dürfte der Militärflughafen in Gjader weiterhin leer stehen.
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