Noch diese Woche soll ein neuer Startversuch der grössten je gebauten Rakete, dem Starship von Elon Musks SpaceX, erfolgen. Mit dem Raumschiff soll dereinst der Mond, später der Mars erreicht werden. Aber auch andere Anwendungen würden im All wohl bald möglich, sagt Michael Gschweitl, der in Sachen Raumfahrt an der ETH Zürich forscht.
SRF News: Erhält das SpaceX-Projekt zurecht so viel Aufmerksamkeit?
Michael Gschweitl: Ja, denn es peilt eine neue Dimension in der Raumfahrt an. Ziel des Starships und von SpaceX ist die vielfache Wiederverwendung der Raketenkomponenten für neue Starts.
Die Dimensionen und Ambitionen des Projekts bedeuten einen Riesenschritt für die Raumfahrt.
Das Thema Nachhaltigkeit in der Raumfahrt wird dadurch auf eine völlig neue Ebene gestellt. Die Dimensionen und Ambitionen des Projekts bedeuten einen Riesenschritt für die Raumfahrt.
Die Wiederverwendung in der Raumfahrt ist ja nicht neu – man denke nur an die US-Raumfähren Space Shuttles. Was ist da so neu bei SpaceX?
Die Wiederverwertung mancher Teile, Hunderte von Malen, ist in der Dimension, wie das SpaceX plant, völlig neu. Im Moment ist Musks Unternehmen die einzige Weltraumfirma, die Teile ihrer Raketen wiederverwendet. Bei allen anderen Raketentypen entsteht viel Müll, Nachhaltigkeit ist dort ein Fremdwort.
Mit SpaceX sollen Transporte in den Weltraum viel billiger werden.
Durch die Wiederverwendbarkeit werden auch die Kosten der Raketensysteme und -starts massiv reduziert. Auch das ist eines der grossen Ziele von SpaceX und Starship: Transporte in den Weltraum sollen viel billiger werden.
Wie utopisch sind Musks Ankündigungen von regelmässigen Flügen zum Mond oder einer baldigen Mission zum Mars?
Eine Reise zum Mars ist wohl noch sehr weit weg, das sehe ich eher bei den Utopien als bei der Realität. Doch die Schaffung von grossen Transportkapazitäten im erdnahen Orbit auf bis zu rund 700 Kilometer Höhe – zum Vergleich: die Internationale Raumstation ISS umkreist die Erde in rund 400 Kilometer Höhe – ist sehr konkret. Auch Mondmissionen sind im Bereich des Möglichen, es gibt hier ja Projekte wie Artemis von Nasa, Esa und anderen, die unter anderem auch auf Starship setzen.
Was können diese geplanten Infrastrukturprojekte im All und um den Mond bringen?
Mittel- und langfristig gibt es Konzepte, den Weltraum als Produktionsstätte zu nutzen. Es könnten Produkte, für deren Herstellung kleine Gravitationskräfte und sehr tiefe Temperaturen nötig sind, in den Weltraum verlagert werden. Dafür muss auf der Erde ein ausgesprochen grosser Aufwand betrieben werden.
Es herrscht Aufbruchstimmung – ähnlich wie die Goldgräberstimmung im Wilden Westen in der Mitte des 19. Jahrhunderts.
Erste Versuche in dem Bereich betreffen Life Sciences – also Pharmaprodukte. Geforscht wird etwa in Richtung Organoide oder künstliche Organe. Hier herrscht gerade Aufbruchstimmung, so ähnlich wie die Goldgräberstimmung im Wilden Westen in der Mitte des 19. Jahrhunderts.
Das Gespräch führte Dominik Brand.