Erdogan spricht vom Sieg für die Demokratie: Wahlsieger Recep Tayyip Erdogan erklärte bei seiner Siegesrede, es habe sich um Wahlen gehandelt, «die das künftige halbe Jahrhundert, die das Jahrhundert unseres Landes prägen werden». Der bisherige und künftige Präsident sagte auf dem Balkon des AKP-Hauptquartiers in Ankara vor jubelnden Anhängern: «Meine Brüder, die Sieger dieser Wahl sind die Demokratie, der Wille des Volkes und das Volk höchstpersönlich.»
Ince warnt vor «grosser Gefahr»: Der unterlegene Präsidentschaftskandidat Muharrem Ince sagte, dass Land sei nun in eine «Ein-Mann-Herrschaft» übergegangen. «Diese Wahl war, angefangen von der Art ihrer Ankündigung bis hin zur Verkündung der Ergebnisse, in allem eine unfaire Wahl», fügte der CHP-Kandidat hinzu. Ince erkannte das Wahlergebnis dennoch an. Zwar habe es bei den Wahlen Unregelmässigkeiten gegeben, doch diese hätten das Ergebnis nicht entscheidend beeinflusst.
Die Türkei hat ihre Bindung zu demokratischen Werten gelöst.
Ince warnte, das «neue Regime» sei eine «grosse Gefahr» für die Türkei. Eine Partei, «sogar eine einzige Person», sei Staat, Exekutive, Legislative und Justiz geworden. «Im System gibt es keinen Mechanismus, der der Willkür und Grobheit im Weg steht», sagte er. «Die Türkei hat ihre Bindung zu demokratischen Werten gelöst.» Er werde dennoch weiter kämpfen und aktiver Politiker bleiben, kündigte Ince an.
Pro-Kurden sprechen von Erfolg: Der inhaftierte Präsidentschaftskandidat Selahattin Demirtas von der pro-kurdischen HDP gratulierte seiner Partei zum Einzug ins Parlament. Trotz des Ausnahmezustandes und der ungleichen Bedingungen habe die HDP die Zehn-Prozent-Hürde überschritten, schrieb Demirtas auf Twitter. Er wertete dies als grossen Erfolg und versprach, dass seine Partei weiterhin für die Rechte der Menschen eintreten werde.
Berlin gibt sich diplomatisch: Die deutsche Bundesregierung reagierte zurückhaltend auf das Wahlergebnis. «Wir gehen zunächst einmal davon aus, dass die Arbeitsbeziehungen zwischen beiden Regierungen, der deutschen und der künftigen türkischen, auch in Zukunft konstruktiv und gedeihlich sein werden», sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. Natürlich werde Bundeskanzlerin Merkel dem türkischen Präsidenten zu gegebener Zeit gratulieren, so Seibert weiter.
Asselborn fordert Rückkehr zum Rechtsstaat: Der luxemburgische Aussenminister Jean Asselborn rief Wahlsieger Erdogan dazu auf, sein Land zu demokratischen Standards zurückzuführen. Durch die nun in Kraft tretenden Verfassungsänderungen sei Erdogan «ein allmächtiger Mann», sagte Asselborn. Wenn Erdogan den Rechtsstaat wieder einführe, könne die Türkei auch «mit Europa wieder auf eine andere Schiene kommen.» Seit 2016 liegen die EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei de facto auf Eis.