Der Südsudan war noch nie so friedlich. Seit Juni 2018 schweigen die Waffen zwischen Regierungsarmee und den Rebellen der Opposition. Es ist der längste Waffenstillstand der Geschichte des Landes, das 2011 vom Sudan unabhängig geworden ist.
Nun sollten Armee und Rebellen zusammengelegt werden. Dafür haben sich viele Rebellen in Truppenlager zurückgezogen. Die Verhältnisse in den improvisierten Lagern sind schlecht, erzählt Rebelle Riek Kong in Tarnanzug und Flipflops: «Wir haben kaum Wasser und Essen. In der Regenzeit finden wir keinen trockenen Ort.»
Truppenlager mit Dach aus Schilfgras
Die Lager der Rebellen sind simple Hüttendörfer. Kong hat sich seine Behausung selbst gebaut und mit Schilfgras bedeckt. Eine medizinische Versorgung existiert nicht. Zum Essen gibt’s bloss Maniok-Wurzeln. Doch das Friedensabkommen vom Juni 2018 verpflichtet die Rebellen, sich in Lagern aufzuhalten.
Längst hätten die Rebellen eine Ausbildung erhalten sollen, um der künftigen gemeinsamen Streitkraft mit der Regierungsarmee beitreten zu können. Doch die versprochene finanzielle Unterstützung der Regierung, rund 100 Millionen Franken, ist bisher nicht gekommen.
Bildung von Einheitsregierung aufgeschoben
Bewaffnete Männer im Busch, mit leerem Magen, das ist eine explosive Mischung. Auch in Friedenszeiten überfallen Kämpfer im Südsudan Dörfer. Sie rauben und töten. Riek Kong erwidert: «Wir stehlen nichts! Kommen wir bei einem Haus vorbei, helfen uns die Leute freiwillig mit etwas Essen.»
Die gemeinsame Truppe von Regierungsarmee und Rebellen ist eine Voraussetzung für die Bildung einer Einheitsregierung. Laut Friedensabkommen müssten sich die Bürgerkriegsparteien zudem über die Zahl der regionalen Gliedstaaten des Südsudans einig werden. Oppositionsführer Riek Machar sollte aus seinem Hausarrest entlassen werden. Und in den Städten dürfen keine Soldaten mehr patrouillieren.
Doch bisher ist wenig passiert. Die Frist zur Bildung einer Einheitsregierung wurde darum erneut aufgeschoben – auf den 22. Februar 2020. Nun müssten endlich Nägel mit Köpfen gemacht werden, fordern Organisationen wie die Afrikanische Union und die UNO.
Geld landet bei korrupten Politikern
Südsudans Präsident Salva Kiir versprach nach dem Aufschub erneut, das Geld für gemeinsame Truppen würde bald fliessen. Die Einnahmen des Landes kommen zu 98 Prozent aus der Förderung von Erdöl. Doch korrupte Politiker zweigen den Grossteil davon ab. Internationale Organisationen übernehmen die meisten Staatsaufgaben.
Der Bürgerkrieg im Südsudan hatte seit 2013 rund 400'000 Tote gefordert und Millionen von Menschen aus ihrer Heimat vertrieben. «Dieser Krieg war sinnlos, er wurde von machthungrigen Menschen über euch gebracht», sagte Präsident Kiir unlängst. Einer dieser Menschen ist der Präsident selbst, ein anderer ist Oppositionsführer Machar.
Misstrauen zwischen Ethnien
Zweimal wurde die Einheitsregierung aufgeschoben. Die Rebellen der Opposition sind ungeduldig. Die Regierung bleibt untätig. Das Misstrauen zwischen den Ethnien ist gross. Der lokale Oppositionspolitiker David Christopher warnt: «Wer sich mehr als zweimal von derselben Schlange beissen lässt, ist selbst schuld!» Der Bürgerkrieg im Südsudan könnte rasch wieder aufflammen.