Das Problem: Der rechtsnationale Rassemblement National (RN), ehemals Front National (FN), von Marine Le Pen ist angeblich in argen Finanznöten. Französische Ermittler halten zwei Millionen Euro aus öffentlicher Parteienfinanzierung zurück, denn Le Pen und andere Abgeordnete sollen mit Scheinbeschäftigungen im EU-Parlament Millionen erschlichen haben.
Viele offene Fragen: Ob der Partei wegen der zurückgehaltenen Gelder in zwei Monaten die Zahlungsunfähigkeit droht, wie Le Pen erklärt, ist durch andere Quellen nicht gesichert. Offen ist beispielsweise die Frage, ob auch Kredite auslaufen oder andere Zahlungsforderungen im Raum stehen.
Wohlbekannte Strategie: Eileen Keller von Deutsch-Französischen Institut in Ludwigsburg kann sich vorstellen, dass der Spendenaufruf Teil einer politischen Strategie ist. So habe die Partei in der Vergangenheit wiederholt angekündigt, sie stehe finanziell mit dem Rücken zur Wand und könne ohne Zuwendungen nicht weitermachen: «Gut möglich, dass Le Pen Spendengelder mobilisieren und von den Anschuldigungen des EU-Parlaments ablenken will.»
Politische Hetze: Le Pen sprach in einem offenen Brief von politisch motivierten Richtern. Dies ist laut Keller eine gängige Strategie von Le Pen. Sie streiche im Wahlkampf gegen die etablierten Parteien immer wieder hervor, ihre Organisation als einzige nicht systemkonforme Partei werde klein gehalten. «Es ist ihre Rhetorik, vom eigenen Versagen abzulenken und die Opferrolle zu pflegen», so Keller.
Das droht bei einer Verurteilung: Wenn das laufende juristische Verfahren belegt, dass europäische Gelder veruntreut wurden, wird das mit Rückzahlungen und Bussen verbunden sein. Das wird die Partei zusätzlich belasten, die nach den letzten Wahlen ohnehin weniger Geld zugute hatte. Das Gesamturteil müsse jetzt abgewartet werden. «Was bisher aus Parteikreisen nach aussen drang, deutet darauf hin, dass es eindeutige Verfehlungen gab», sagt Keller.