Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hat die Bürgerinnen und Bürger der EU in einer emotionalen Rede im Europaparlament auf den gemeinsamen Kampf gegen Russland eingeschworen. «Nur unser unweigerlicher Sieg wird die gemeinsamen europäischen Werte wahren», sagte der 45-jährige Staatschef im Plenum des Brüsseler Parlaments.
Zugleich bedankte er sich in seiner rund 15-minütigen Ansprache für die Hilfe im Krieg gegen Russland. Die Abgeordneten begrüssten den Ehrengast mit Jubel und lautem Applaus. Nach seiner Rede applaudierten die Parlamentarier rund eineinhalb Minuten, ehe sowohl die ukrainische als auch die Europahymne gespielt wurden.
Es wird versucht, den europäischen ‹Way of life› mit einem totalen Krieg zu zerstören. Wir lassen das nicht zu.
Die Ukraine verteidigt sich seit fast einem Jahr gegen eine russische Invasion. Zugleich strebt das osteuropäische Land in die EU. «Für die Ukraine ist es der Weg nach Hause», sagte Selenski, der nicht wie sonst häufig im olivgrünen, sondern im schwarzen Pullover mit dem Schriftzug «United24» auftrat. Dies weist auf die von ihm gestartete gleichnamige Spendenplattform für die Ukraine hin.
In seiner Rede im Parlament hob Selenski vor allem den Unterschied zwischen der «europäisch-ukrainischen» und der russischen Lebensweise hervor. «Es wird versucht, den europäischen ‹Way of life› mit einem totalen Krieg zu zerstören. Wir lassen das nicht zu.»
«Gemeinsamer Sieg» gegen Russland
In Russlands brutalem Krieg gehe es nicht nur um Territorium. Zugleich seien Menschenleben in Russland nichts mehr wert. «Wir verteidigen uns gegen die anti-europäischste Kraft der zeitgenössischen Welt. Wir Ukrainer auf dem Schlachtfeld zusammen mit Ihnen.» Selenski sprach von einem «historischen Kampf».
An die EU-Bürgerinnen und -Bürger gerichtet sagte Selenski, dass das Schicksal Europas niemals nur von Politikern abhängig gewesen sei. «Jeder und jede ist wichtig für unseren gemeinsamen Sieg.» Er dankte für die Lieferung von Waffen und Munition, von Brennstoffen und Energieausrüstung, von all den Tausenden Dingen, die in dem Krieg gebraucht würden.
Die Ukraine will noch in diesem Jahr mit Verhandlungen über den EU-Beitritt beginnen, darüber müssen jedoch die 27 Mitgliedstaaten einstimmig entscheiden. Erst im Sommer war das Land zum Beitrittskandidaten geworden.
Die Europareise Selenskis ist nach einer USA-Reise im Dezember erst die zweite seit dem russischen Einmarsch am 24. Februar vergangenen Jahres. Sie hatte am Mittwoch in Grossbritannien begonnen, wo er auch Premierminister Rishi Sunak sowie König Charles III. traf. Am Mittwochabend kam Selenski zudem in Paris mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz zusammen.
Debatte um Kampfjet-Lieferung läuft
In London und Paris warb Selenski bereits um weitere Militärhilfe für den Abwehrkampf gegen die russische Invasion – insbesondere um Kampfjets. Scholz versprach ihm Unterstützung so lange wie nötig, Macron «Unterstützung bis zum Sieg».
EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola wurde konkreter. «Nun müssen die Staaten als nächsten Schritt erwägen, rasch weitreichende Systeme und Flugzeuge bereitzustellen», sagte sie an der Seite Selenskis im Plenum. Diese würden benötigt, um die Freiheit zu schützen, die zu viele für selbstverständlich gehalten hätten. «Unsere Reaktion muss der Bedrohung angemessen sein – und die Bedrohung ist existenziell.»