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Regenwasser fliesst nicht ab Der ganz normale Ausnahmezustand in Rom

In Rom hat es heftig geregnet. Damit die Kinder auf dem Schulweg nicht weggespült werden oder in ein Erdloch fallen, bleiben die Schulen zu.

Am Ufer des Tibers kippt eine Platane um und fällt auf ein parkiertes Auto. In der südlichen Vorstadt öffnet sich ein Erdschlund, eine «Voragine». Das viele Regenwasser hat den Untergrund weggespült und ausgehöhlt. In der Metrostation Vittorio Emanuele stehen überall Plastikeimer. Sie fangen das von der Decke tröpfelnde Wasser ein.

Rom, die stolze, «Ewige Stadt», wird regelmässig von Gewittern oder Böen in die Knie gezwungen. Das sind keine Hurrikane, keine Taifune; einfach heftiger Regen oder Wind.

Schweizer Garde im Regen
Legende: Sobald es in Rom etwas heftiger regnet und windet als normal, fällt der Schulunterricht aus. Reuters

Doch dies legt schonungslos offen, dass Rom seine Infrastruktur seit Jahren viel zu wenig und zum Teil gar nicht mehr pflegt.

Chronisch leere Kassen und Korruption

Stadtgärtner, die Bäume schneiden, sieht man nur noch selten. Hier hatten zwar schon die alten Römer eine vorbildliche Kanalisation gebaut, die «Cloaca Maxima».

Doch die Nachfahren foutieren sich um ihre braunen Abwässer. Die modernen Römer lassen ihre Kanalisation vergammeln, mit der Folge, dass das Regenwasser nicht mehr abfliesst und sich in Strassen und auf Plätzen staut. Wenn es regnet, geht man in Rom besser mit kniehohen Stiefeln raus.

Regen auf dem Petersplatz in Rom
Legende: Bleiben die Kinder zuhause, gehen auch viele Eltern nicht ins Büro. Die Arbeit bleibt liegen. Reuters

Dass Rom kaum in seine Infrastruktur investiert, liegt sicher auch am Geld: Roms Kassen sind chronisch leer. Aber auch daran, dass hier jeder öffentliche Auftrag – und sei es auch nur, die Bäume rund um die Engelsburg zu stutzen – von der Antikorruptionsbehörde abgesegnet werden muss.

Seit sich das organisierte Verbrechen Teile der Stadtverwaltung einverleibt hat, sind diese Kontrollen noch aufwändiger geworden. Für die Kinder dieser Stadt heisst das, sie haben schulfrei. Denn sie könnten auf ihrem Schulweg in den See auf der Piazza Venezia fallen, in ein Erdloch geraten, oder Gefahr laufen, von einem umfallenden Baum getroffen zu werden.

Schulkinder müssen zuhause bleiben

Für solche Unglücke will niemand die Verantwortung übernehmen, schon gar nicht Roms Bürgermeisterin Virginia Raggi. Darum liess sie alle Schulen präventiv schliessen. Und wenn die Bambini zuhause bleiben, dann bleiben auch viele Eltern zuhause – eine Kettenreaktion. Rom erlebt heute einen regnerischen, aber auch einen sehr ruhigen Tag.

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