Tschechiens Regierungschef Andrej Babis ist so mächtig, wie er umstritten ist. Viele seiner Gegner finden, der reiche Unternehmer und einflussreichste Politiker des Landes gehöre nicht in den Prager Regierungspalast, sondern ins Gefängnis.
Für sie war es eine Riesenenttäuschung, als letzte Woche ein Staatsanwalt empfahl, die Ermittlungen gegen Babis wegen mutmasslichen Subventionsbetrugs einzustellen.
Ein Spiel gegen den Babis-Frust
Trösten können sich die frustrierten Babis-Gegner jetzt immerhin in einem «Escape Room» im Zentrum von Prag. «Der Ort, wo Träume wahr werden», steht über dem Eingang in einem Souterrain im chicken Vinohrady-Viertel in Prag.
Den Ort hat sich der 21-jährige Student Josef Dvorak zusammen mit einem Freund ausgedacht. «Wir verstehen nicht, was hier in Tschechien passiert – wie es sein kann, dass jemand wie Andrej Babis das Land regieren kann», sagt Dvorak.
Hunderttausende Demonstranten gegen Babis
Was den Studenten stört, sind die vielen ungeklärten Fragen rund um die Geschäfte des Premierministers. Babis soll für seinen Konzern Millionen Euro Subventionen von der EU ergaunert haben. Er soll die Medien, die er gekauft hat, für seine Zwecke einsetzen. Und Babis soll die Justiz behindern. Deshalb sind in den letzten Monaten Hunderttausende Tschechen gegen Babis auf die Strasse gegangen.
Mit diesen Vorwürfen im Kopf haben Dvorak und sein Freund Spiele entwickelt. Zunächst war es ein Brettspiel, das sie fast 10'000 Mal verkauften, jetzt haben sie den «Escape Room» eröffnet. Man habe dies nicht nur wegen des Geschäfts getan, sagt Dvorak. «Wir wollten etwas schaffen, das einen Sinn hat und zugleich unterhaltsam ist.»
Erfolgreiche Spielidee
Es kommen viele Leute in den «Escape Room» – auch Agata Veitova mit ihrer Familie. In einem kahlen Raum finden die vier in einem Notizbuch das erste Rätsel. Eine Notiz zu den Geschäften von Diktator Babis entpuppt sich als Schlüssel zu einem Zahlencode.
Wird die richtige Lampe im Raum eingeschaltet, richtig auf ein paar Holzhaken an der Wand gerichtet, ergeben die Schatten drei Zahlen. Familie Veitova braucht 75 Minuten um alle Rätsel zu lösen – zu lange, um Babis hinter Gitter zu bringen. Seine Straftaten sind verjährt.
Es habe ihnen am logischen Denken gemangelt, sagt Medizinstudentin Veitova. Normalerweise denke sie in ihrem Alltag wenig über Politik nach. Aber ja, es würde ihr durchaus gefallen, Regierungschef Babis hinter Gittern zu sehen.
Babis bleibt am Ruder
In der Realität scheint es weiterzugehen wie bisher: Zwar laufen gegen Babis verschiedene Prozesse, die EU untersucht seine Interessenkonflikte, Oppositionelle planen neue Grossdemonstrationen. Doch dass Babis bald hinter Gittern sitzt, bleibt oppositionelles Wunschdenken.
Das ist dem Studenten und Spielerfinder Dvorak klar. Er weiss auch, dass Tschechien weit davon entfernt ist, eine Diktatur zu sein: «Das zeigt nur schon die Tatsache, dass wir für unseren Escape Room nicht ins Gefängnis wandern. Dafür danke ich.»