«Gerechtigkeit» skandierten die Demonstrierenden am Montagabend auf dem Altstädter Ring, dem grossen Platz in der Prager Altstadt, und sie schwangen Transparente: «Babiš gehört vor Gericht», ist da zu lesen – oder: «Benešová vertuscht Verbrechen.»
Marie Benešová ist Babis' neue Justizministerin. An der Qualifikation der 71-jährigen Juristin zweifelt niemand, an ihrer Unabhängigkeit viele. Dabei wäre Unabhängigkeit gerade jetzt besonders wichtig.
Die Polizei hat nämlich untersucht, ob Regierungschef Babiš – er ist milliardenschwerer Unternehmer – gut 1.6 Millionen Euro EU-Gelder veruntreut hat. Die tschechischen Ermittler sind zum selben Schluss gekommen, wie die Antikorruptionsbehörden der EU: Ja, Babiš habe sich wohl strafbar gemacht und sollte angeklagt werden.
Babiš bleibt wohl im Amt
Die Anklage ist Aufgabe der Staatsanwälte – wenn ihre neue Chefin, Justizministerin Benešová, dies nicht verhindert. Denn früher, als sie noch Abgeordnete war, hat sie dagegen gestimmt, dass der Regierungschef seine Immunität verliert. Babiš selbst gibt sich gelassen. Er will im Amt bleiben, auch wenn er angeklagt wird. Die Demonstrationen seien nur ein politisch motivierter Angriff, sagt er.
Und die Chancen, dass er sein Amt behalten kann, stehen gut. Miloš Zeman, der Präsident Tschechiens, hat bereits klar gemacht, dass er Babiš nicht zum Rücktritt zwingen werde. Und – wichtiger noch – bei Neuwahlen würden Babiš und seine ANO-Partei wohl erneut gewinnen.
Trotzdem kann er die Vorwürfe der Demonstranten nicht einfach an sich abperlen lassen. Sie vermitteln nämlich ein Bild, das Babiš in der EU eben nicht abgeben will: Das Bild eines weiteren osteuropäischen Regierungschefs, der in Rechtshändel verwickelt ist und in den Verdacht gerät, die Justiz zu behindern.