Es geht um viel, wenn am Sonntag die Spanierinnen und Spanier an die Urne gehen. Immerhin werden über 8000 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister gewählt – auch in den grossen Städten wie Madrid, Barcelona, Valencia oder Sevilla. Politisch noch wichtiger sind die Wahlen in den Regionen, den autonomen Gemeinschaften, wie sie in Spanien heissen: In 12 der 17 Regionen wird die Macht neu verteilt.
Dass diese Wahlen weit mehr als unbedeutende Regionalwahlen sind, sieht man am Engagement der Vertreterinnen und Vertreter der nationalen Parteien. Obwohl sie selbst gar nicht zur Wahl stehen, reisen sie von einer Wahlveranstaltung zur anderen. Allen voran die Aushängeschilder der beiden grössten Parteien: Regierungschef Pedro Sánchez von der sozialistischen Arbeiterpartei PSOE und Alberto Nuñez Feijóo, der Präsident der konservativen Volkspartei Partido Popular.
Sie selber erklären die Wahl zum Testlauf für die nationalen Parlamentswahlen, die voraussichtlich im Dezember stattfinden werden. Entsprechend stellen sie häufig nationale Themen in den Vordergrund, die bei diesen Regionalwahlen eigentlich gar nicht zur Diskussion stehen.
Feijóo etwa greift die linke Regierung immer wieder an wegen ihres «Nur Ja ist Ja»-Gesetzes, das Frauen besser vor sexuellen Übergriffen schützen sollte, aber den unerwünschten Nebeneffekt hatte, dass viele Sexualstraftäter vorzeitig freikamen. Regierungschef Sánchez seinerseits hebt gerne die progressiv-feministischen Errungenschaften seines Kabinetts oder die aus seiner Sicht positive Entwicklung der Wirtschaft hervor.
Wählerschaft kann wechselhaft sein
Ob die Strategie mit der Betonung von nationalen Themen aufgeht, ist offen. Denn Untersuchungen zeigen, dass viele Wählerinnen und Wähler auf regionaler und nationaler Ebene nicht unbedingt die gleichen Parteien wählen.
Umfragen deuten darauf hin, dass die rechte Volkspartei, der Partido Popular, bei den Regionalwahlen zulegen wird und den linken Parteien die Macht in der einen oder anderen Region abjagen können wird. Wobei dies zu relativieren ist: Die Volkspartei hat bei den letzten Wahlen vor vier Jahren sehr schlecht abgeschnitten. Sie gewann nur gerade in zwei der zwölf Regionen, während die Sozialistische Partei in neun Regionen das Ruder übernehmen konnte.
Die Frage ist nicht, ob, sondern wie viele und welche Regionen und Städte die Rechte gewinnen wird.
Der Politologe Pablo Simón von der Universität Carlos III in Madrid geht deshalb davon aus, dass die politische Rechte Regionen und Städte gewinnen wird: «Die Frage ist nicht, ob, sondern wie viele und welche sie gewinnen wird.» Denn nicht alle Regionen gelten als gleich wichtig.
Grosse Aufmerksamkeit liegt zum Beispiel auf der Region Valencia. Die reiche und bevölkerungsstarke Region wird zurzeit von einer linken Koalition regiert – die rechten Parteien sind allerdings etwa gleich stark.
Das Rennen sei völlig offen, sagt Pablo Simón: «Alle Umfragen deuten im Moment darauf hin, dass es ein Unentschieden gibt, dass der linke oder der rechte Block gewinnen könnte, und dass es auf sehr wenige Stimmen ankommen wird.»
Machtverteilung folgt nach den Wahlen
Mit dem Wahltag am 28. Mai ist die Auseinandersetzung um die Macht in den Regionen noch nicht abgeschlossen. Die Regierungen müssen danach erst noch zusammengestellt werden – dafür müssen die Parteien verhandeln und versuchen, tragfähige Koalitionen zu bilden.