Darum geht es: Die Partei von Nicolás Maduro hat die Regionalwahlen in Venezuela deutlich gewonnen. Und das, obwohl sich auch die Opposition erstmals seit Jahren an den Wahlen beteiligt hat. Das Staatsfernsehen sprach denn auch von einem historischen Sieg der chavistischen Revolution. Vorläufigen Ergebnissen zufolge gewannen die Chavisten 20 von 23 Gouverneursposten. Die EU hatte erstmals seit 15 Jahren wieder eine Wahlbeobachter-Mission in das südamerikanische Land geschickt.
Das war die Ausgangslage: «Die Opposition ist sicher unter schlechten Bedingungen angetreten», sagt Günther Maihold. Der Lateinamerika-Experte ist stellvertretender Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik SWP in Berlin. So habe sie keinen Zugang zu den Staatsmedien gehabt. Auch sei sie nicht mit den staatlichen Dienstleistungen verknüpft, die von der Regierungspartei systematisch eingesetzt würden. Ausserdem seien manche der Oppositionskandidaten eingeschüchtert worden. Trotzdem sei es ein «Fortschritt», dass sich die Opposition für eine Beteiligung an den Wahlen entschlossen habe.
Die Bevölkerung fühlte sich von der Opposition nicht angesprochen.
Deshalb hat die Opposition schlecht abgeschnitten: Die oppositionellen Kräfte in Venezuela sind zersplittert, interne Auseinandersetzungen haben sie geschwächt. «Es kommt kaum mehr eine gemeinsame Position zustande», so Maihold. Ausserdem sei die Führungsfrage nach wie vor ungeklärt – Juan Guaido und Henrique Capriles streiten immer noch um die Führerschaft. Kurz: «Die Bevölkerung fühlte sich von der Opposition nicht angesprochen.» Das sehe man auch an der geringen Wahlbeteiligung von bloss knapp 42 Prozent.
Darum der Sieg Maduros: Die Chavisten hätten die Wahl gewonnen, weil viele Menschen von ihrem Klientelsystem profitieren, so der Lateinamerika-Experte. Allerdings sei der Wahlgang sowohl für Maduro wie die Opposition im Grunde eine riesige Niederlage: Mehr als die Hälfte der Menschen haben sich der Stimme enthalten. «Sie erwarten nichts mehr von der Politik – das ist das Schlimmste an dem Ergebnis», stellt Maihold fest.
Alle Akteure gehen auch jetzt von einem Dialog mit gezinkten Karten aus.
So geht es jetzt weiter: Maduro lud die gewählten Gouverneure dazu ein, zusammenzuarbeiten und an einem gemeinsamen Dialog zu stricken. Doch gleichzeitig weiss man aus der Vergangenheit, dass seine Dialogangebote stets höchstens halbherzig waren. «Alle Akteure gehen auch jetzt davon aus, dass hier im Hinblick auf die Präsidentenwahl 2024 erneut ein Dialog mit gezinkten Karten angestossen wird», sagt Maihold.
So schlecht dran sind die Menschen: Nach acht Jahren Maduro an der Macht sind 90 Prozent der venezolanischen Bevölkerung verarmt. Um die humanitäre Situation der Menschen nachhaltig zu verbessern, müsste ein echter Dialog in Gang kommen, so der Lateinamerika-Kenner. Hilfswerke müssten ins Land gelassen werden, damit alle Bevölkerungskreise Hilfe erhalten und nicht nur jene, welche die Chavisten unterstützen, wie das bisher der Fall ist. Danach werde es auch nachhaltige Wirtschaftsreformen brauchen, so Maihold.