- Wegen rasant gestiegener Energiepreise wollen die Vereinigten Staaten ihre strategische Ölreserve anzapfen.
- Konkret geht es um die Freigabe von 50 Millionen Barrel Öl, wie US-Präsident Joe Biden am Dienstag ankündigte.
- Der Ölpreis hat aber nicht wesentlich darauf reagiert.
Die Wirkung der Ankündigung von Biden verpuffte schnell: Die Ölpreise haben am Mittwoch ihre deutlichen Aufschläge vom Vortag leicht ausgebaut: Am Morgen kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent 82.61 US-Dollar – 30 Cent mehr als am Vortag. Der Preis für ein Fass der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate stieg um 37 Cent auf 78.87 Dollar.
Die Freigabe nationaler Notreserven zahlreicher Länder hat damit bisher nicht den gewünschten Effekt erzielt.
Aktuell kostet eine Gallone Normalbenzin an der Zapfsäule im Schnitt gut 3.40 Dollar – umgerechnet knapp 3.20 Franken – deutlich mehr als noch vor einem Jahr. Unter anderem Tanken soll nun günstiger werden, stellte US-Präsident Joe Biden in Aussicht.
«Heute starten wir eine grosse Anstrengung, um den Ölpreis zu senken. Eine Anstrengung, die sich über den ganzen Globus erstrecken und schliesslich Ihre Tankstelle an der Ecke erreichen wird», so Biden. Das Missverhältnis zwischen Nachfrage und Angebot müsse ausgeglichen werden, meinte der US-Präsident, der angesichts hoher Inflation und sinkender Zustimmungswerte in der Bevölkerung unter Druck steht.
Ein Plan mit politischer Färbung
Ein Interesse an niedrigen Ölpreisen haben vor allem grosse Verbrauchsländer wie die USA und China. Seit Wochen wurde gemutmasst, dass die USA einen Teil ihrer strategischen Ölreserve auf den Markt werfen, um die Preise zu drücken.
Mit der Freigabe von Öl dürfte sich Biden knapp ein Jahr vor den Kongresswahlen auch gegen Kritik wehren, er habe nicht genug gegen die steigenden Preise getan. Es gebe aber auch immer mehr Anzeichen dafür, dass der Rückgang der Ölpreise sich nicht an der Zapfsäule widerspiegele, so ein US-Regierungsbeamter.
Mehrere Länder wollen mitziehen
Nach Angaben der US-Regierung handelt es sich um eine abgestimmte Aktion mit Ländern wie China, Indien, Japan, Südkorea und Grossbritannien.
Südkorea hatte am Dienstag bestätigt, dass sich das Land der konzertierten Aktion anschliessen werde. Die Regierung habe entschieden, die entsprechende Anfrage der USA zu akzeptieren und Ölreserven freizugeben, teilte das Aussenministerium in Seoul mit.
Auch Grossbritannien erlaubt Unternehmen, freiwillig einige ihrer Ölreserven freizugeben. «Dies ist ein vernünftiger Schritt, um die globalen Märkte nach der Pandemie zu unterstützen», teilte die Regierung mit. Falls alle Unternehmen ihre Möglichkeiten ausschöpften, ergebe das 1.5 Millionen Barrel Öl. «Dies hat keine Auswirkungen auf die britischen Ölreserven, die deutlich über den von der Internationalen Energieagentur geforderten 90 Tagen liegen», betonte die Regierung.
Japan will ebenfalls mitmachen. Über den Zeitpunkt gebe es allerdings noch keine Entscheidung, sagte Industrieminister Koichi Hagiuda am Mittwoch gemäss der Nachrichtenagentur Kyodo. Für den Verbrauch während 160 Tagen soll aber weiterhin genügend Öl vorrätig sein.
Joe Biden lässt Preisanstieg untersuchen
Biden hatte zudem bereits angekündigt, untersuchen zu lassen, ob Unternehmen der Öl- und Gasbranche Verbraucher über den Tisch ziehen.
Trotz sinkender Kosten für die Unternehmen zahlten Amerikanerinnen und Amerikaner an den Tanksäulen deutlich mehr, hiess es einem Schreiben an die Handelskommission FTC.