Im bisher grössten Schlag gegen die Hongkonger Demokratiebewegung seit Einführung des umstrittenen sogenannten «Sicherheitsgesetzes» ist der bekannte Medienmogul und Aktivist Jimmy Lai festgenommen worden.
SRF News: Was wird Jimmy Lai vorgeworfen?
Martin Aldrovandi: Die Polizei hat sich bisher nicht näher geäussert. Es soll aber um den Verdacht auf Verstoss gegen das neue nationale Sicherheitsgesetz gehen. Mehrere Personen wurden festgenommen. Lai wird in einer ersten Polizeimitteilung nicht namentlich genannt. Es kursieren allerdings mehrere Fotos von seiner Verhaftung. Es ist zurzeit der Aufmacher auf der Webseite der betroffenen Zeitung «Apple Daily». Darauf sind Polizisten zu sehen, welche die Redaktionsräume durchsuchen und den Chef abführen.
Das Blatt deckt Skandale auf und berichtet sehr kritisch über die Regierung in Hongkong, wie auch die chinesische Regierung.
Wer ist Jimmy Lai?
Lay ist eine sehr bekannte Figur in Hongkong. Der erfolgreiche Geschäftsmann ist Gründer der Mediengruppe Next Digital, zu welcher auch die Boulevardzeitung «Apple Daily» gehört. Darin gibt es viel «Sex and Crime», aber auch politische Berichterstattung. Das Blatt deckt Skandale auf und berichtet sehr kritisch über die Regierung in Hongkong, wie auch die chinesische Regierung.
Die Zeitung wartet regelmässig mit scharfen und zugespitzten Titeln auf. Lai hat sich immer wieder sehr kritisch geäussert und ist auch sehr aktiv und prominent in der Demokratiebewegung engagiert. Das dürfte den Machthabern wenig Freude bereiten.
Lai sagte Anfang Juni der Agentur AFP, er mache sich auf Gefängnis gefasst. Kommt die Verhaftung also nicht überraschend?
Inzwischen kommt nach den Geschehnissen in Hongkong kaum noch etwas überraschend. Doch eine derartige Razzia gegen ein Medienunternehmen hat die Bevölkerung ganz sicher überrascht und vor allem entsetzt. «Apple Daily» schreibt von 200 Polizeikräften in den Redaktionsräumen. Es hat also ganz klar ein neues Niveau erreicht.
Die Behörden wollen offenbar die Aushängeschilder des Demokratielagers aus dem Verkehr ziehen.
Haben sich die Befürchtungen der Demokratiebewegung also bewahrheitet?
Das ist alles sehr beunruhigend. Anscheinend will die Regierung die führenden Köpfe der Demokratiebewegung kleinmachen. Die für September geplanten Parlamentswahlen sind bekanntlich um ein Jahr verschoben worden. Dort war ein grosser Sieg der Demokratiebewegung zu erwarten. Es sieht so aus, als ob die Behörden die Zeit nun nutzen, möglichst die Aushängeschilder des Demokratielagers aus dem Verkehr zu ziehen.
Das Gespräch führte Claudia Weber.