Um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen, hatte die argentinische Regierung am 20. März weitreichende Ausgangsbeschränkungen verfügt – trotz geringer Fallzahlen. Landesweit dürfen die Menschen ihre Häuser und Wohnungen nicht mehr verlassen, ausser für Einkäufe in Lebensmittelgeschäften und Apotheken.
Einige Berufsgruppen sind von der Ausgangssperre ausgenommen. Überall im Land gibt es Polizeikontrollen. Nur wer eine Ausnahmegenehmigung hat, darf unterwegs sein. Wer die Quarantäne-Regeln bricht, muss mit Geld- oder sogar Gefängnisstrafen rechnen. Doch wie lange sind die strengen Massnahmen durchzuhalten in einem Land mit über 30 Prozent Armut, das kurz vor der Staatspleite steht?
Eine Wirtschaft, die zusammenbricht, lebt wieder auf. Ein Leben, das endet, ist vorbei. Das werden wir immer berücksichtigen.
Sorge bereiten vor allem die Armenviertel
In den Armenvierteln kochen an einigen Orten Freiwillige für die Bedürftigen. Die Verteilung übernimmt das Militär. Martín Catardi, Fregattenkapitän CAECOPAZ, sagt: «Die Menschen in diesen Vierteln leben von Gelegenheitsjobs und von der Hand in den Mund, sie haben jetzt keine Arbeit mehr, die Situation ist schwierig.»
Die Menschen sind dankbar für die Hilfe der Soldaten, die normalerweise bei weltweiten Friedensaktionen im Einsatz sind. «Es ist gut, dass die Regierung das Militär mit Essen zu uns schickt. Wir haben alle keine Arbeit, können nicht raus», hält eine Anwohnerin fest.
Wirtschaft im Blickfeld
An einigen Orten werden Notspitäler aufgebaut. Denn das Gesundheitssystem ist auch ohne Coronavirus dauerüberfordert.
Der argentinische Präsident Alberto Fernández betont: «Eine Wirtschaft, die zusammenbricht, lebt wieder auf. Ein Leben, das endet, ist vorbei. Das werden wir immer berücksichtigen. Aber gleichzeitig gilt auch: Wir vergessen die Wirtschaft nicht und ergreifen Massnahmen zu deren Unterstützung.»
Weniger Fälle als in Nachbarländern
Vor kurzem bekam Argentinien für sein Vorgehen ein Lob von der Weltgesundheitsorganisation WHO. Im Vergleich zu Nachbarländern kann man bereits sehen, dass sich die Fallzahlen in Argentinien anders entwickeln als in den anderen Ländern. Brasilien verzeichnet mehr als 9200 Fälle, Chile rund 3700 und Ecuador 3300, Argentinien etwas über 1000.
Trotz Quarantäne gehen aber auch optimistische Schätzungen von 200'000 Infizierten in Argentinien bis Anfang Juni aus.
SRF-Korrespondentin Karen Naundorf sagt: «Die Regierung versucht von dem, was derzeit in Europa passiert, zu lernen.» Doch es ist ein Drahtseilakt. Das Land ist pleite und Hilfsprogramme für Bedürftige und für die Wirtschaft sind teuer, wie Naundorf weiter erklärt. «Um die Quarantäne aufrechtzuerhalten und das Schlimmste zu verhindern, wird Argentinien bald internationale Hilfe brauchen.»