- Im Zuge der anhaltenden Proteste im Libanon gegen Korruption und Misswirtschaft hat Ministerpräsident Saad Hariri seinen Rücktritt angekündigt.
- Er werde ein entsprechendes Gesuch bei Präsident Michel Aoun einreichen, sagte Hariri in Beirut.
- Die Regierungsgegnerinnen und -gegner gingen während der letzten zwei Wochen immer wieder auf die Strasse. Seit dem 17. Oktober ist das öffentliche Leben im Libanon weitgehend zum Stillstand gekommen.
Er werde mit seiner gesamten Regierung beim Präsidenten den Rücktritt einreichen, sagte Hariri in einer Fernsehansprache. Er habe im Ringen um eine Lösung aus der wirtschaftlichen Krise eine Sackgasse erreicht. Weiter rief Hariri alle Libanesen dazu auf, den sozialen Frieden zu wahren.
Von den Demonstranten, die den Auftritt Hariris live im Fernsehen verfolgten, wurde die Ankündigung des Rücktritts mit Jubel aufgenommen.
Proteste seit fast zwei Wochen
Im Libanon gibt es seit bald zwei Wochen massive Proteste gegen die politische Führung. Diese hatten sich am 17. Oktober an der Ankündigung der Regierung entzündet, Anrufe mit WhatsApp zu besteuern. Danach richteten sie sich jedoch generell gegen Korruption, Misswirtschaft und die Eliten des Landes.
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Bild 1 von 7. Nach dem angekündigten Rücktritt von Ministerpräsident Saad Harari am Dienstag feiern die Menschen auf den Strassen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 7. Die vorwiegend jungen Organisatoren der Proteste fordern einen kompletten Wechsel des politischen Systems. Zugeständnisse der Einheitsregierung des nun zurückgetretenen Ministerpräsidenten Saad Hariri reichen ihnen nicht mehr aus. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 7. Auslöser der Proteste waren am 17. Oktober angekündigte Sparmassnahmen und Steuererhöhungen der Regierung, wie etwa die Einführung einer neuen Gebühr auf Anrufe über Internetdienste wie Whatsapp. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 7. Viele Demonstranten halten die Regierungsvertreter für korrupt und inkompetent und werfen ihnen vor, von Eigeninteressen getrieben zu sein. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 7. Im Nordosten der Hauptstadt Beirut errichteten Demonstranten am Montag Strassensperren mit Autos. Bildquelle: Keystone.
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Bild 6 von 7. Mit brennenden Reifen und Mülltonnen blockierten sie wichtige Zufahrtsstrassen nach Beirut. Bildquelle: Keystone.
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Bild 7 von 7. Am Sonntag setzten Libanesinnen und Libanesen mit einer Menschenkette wollten ein Zeichen für die nationale Einheit des Landes setzen. Von Tripoli im Norden des Landes bis Tyros im Süden hielten sich bis zu hunderttausend Männer, Frauen und Kinder an den Händen. Bildquelle: Keystone.
Hariri und sein Kabinett hatten unter hohem Druck nach Auswegen aus der Krise gesucht, um den Protesten ein Ende zu bereiten. Als Teil der angekündigten Reformvorhaben sollten etwa Gehälter von Ministern und Parlamentsabgeordneten um die Hälfte gekürzt werden. Ausserdem sollten Regierungseinrichtungen geschlossen oder zusammengelegt werden und kommendes Jahr keine neuen Steuern erhoben werden.
Hariris Versprechen reichten nicht aus
Die Proteste hielten nach diesen Versprechen aber weiter an. Libanesen erteilten den Reformversprechen eine Absage und forderten ein neues politisches System samt Rücktritt der gesamten Regierung. Am Montag hatte es noch geheissen, die Regierung wolle an der Macht bleiben und so verhindern, dass das Land ins Chaos abdriftet.
Hariri war seit Dezember 2016 libanesischer Ministerpräsident. Seine erste Amtszeit hatte von Ende 2009 bis Anfang 2011 gedauert.
Eine der höchsten Schuldenquoten weltweit
Das kleine Land am Mittelmeer mit rund sechs Millionen Einwohnern kämpft mit einer Wirtschafts- und Finanzkrise und leidet unter dem Krieg im benachbarten Syrien. Die Staatsverschuldung liegt bei 86 Milliarden Dollar, was einer Quote von etwa 150 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) entspricht. Es ist eine der höchsten Schuldenquoten weltweit. Kritiker werfen der Regierung vor, Reformen über Jahre verschleppt zu haben.