Allgemeine Verunsicherung im Weissen Haus: Schon in den letzten Tagen deutete sich an, dass Sondermittler Mueller mit ungemütlichen Enthüllungen in der Russland-Affäre aufwarten könnte. Trump reagierte mit einem gewohnten Muster: «Er hat immer wieder versucht, auf Hillary Clinton hinzuweisen und das alles als Verschwörung seiner politischen Gegner zu bezeichnen», sagt Bierling. Dieses «Lügengebilde» breche allmählich in sich zusammen; auch wenn das Weisse Haus nun versuche, die Fassade aufrechtzuerhalten.
Trumps Wählerschaft interessieren die «Fake News» nicht: «Ernsthaft beschädigt» sei die Trumpsche Konstruktion nur für die Leute, die sich objektiv mit der Thematik beschäftigten, meint Bierling. «Seine Anhänger, die ihm hundertprozentig vertrauen, sind für diese Art von Information nicht empfänglich.» Kommt hinzu: Die rechtskonservative und rechtspopulistische Presse in den USA versuche, Trump mit einem «Schutzwall» zu umgeben, wie es Bierling nennt: «Sie merken, dass es für den Präsidenten eng werden könnte.»
Die Wahlkampfberater als tickende Zeitbomben: Auch wenn die USA hochgradig polarisiert sind und sich glühende Trump-Anhänger kaum von den Ermittlungen beeindrucken lassen: Über dem US-Präsidenten braut sich einiges zusammen. Wie auch SRF-Korrespondent Peter Düggeli glaubt, könnte sich gerade das Schuldeingeständnis von Trumps Wahlkampfberater Papadopoulos weiter auswachsen: Dieser habe über seine Kontakte nach Russland gelogen, «und diese Russland-Connection zieht sich wie eine Schlinge immer enger zusammen.»
Der Präsident versinkt im Chaos: Ob die Enthüllungen Trump tatsächlich gefährlich werden können, bleibt abzuwarten. Aber: «Trump hat bisher immer geleugnet, dass es irgendeine Art von Kooperation zwischen seinen Mitarbeitern und der russischen Seite gegeben hat. Und das ist nun widerlegt», so Bierling. Das bedeute nicht, dass Trump zwingend davon gewusst habe: «Aber es gibt nun Leute, die auspacken.» Das alles werde, glaubt Bierling, das Chaos in der Trump-Administration weiter befeuern – die Kosten seien dramatisch. Eigentlich wolle Trump derzeit Grossprojekte wie seine Steuerreform vorantreiben: «Stattdessen versinkt nun alles medial in den Anklageerhebungen von Sonderermittler Mueller.»
Erinnerungen an den Watergate-Skandal: Für Bierling haben die Anklageerhebungen der Russland-Affäre eine neue Qualität gegeben: «Man weiss nicht, wohin das alles führt. So begann es damals auch in Watergate». Allerdings: Der Watergate-Skandal, der Präsident Nixon schliesslich zum Rücktritt zwang, sei in einer anderen Zeit passiert, so der deutsche Politikwissenschaftler. «Damals gab es einen überparteilichen Konsens zwischen Demokraten und Republikanern, dass sich der Präsident grosser Vergehen schuldig gemacht hat.» Ein solcher Konsens scheint derzeit weit weg. Ein Amtsenthebungsverfahren müsste auch von den Republikanern getragen werden: Sie dominieren beide Kammern im Kongress.