In den letzten Tagen war in den US-Medien spekuliert worden, Präsident Donald Trump könnte Sonderermittler Robert Mueller, der die möglichen Russland-Verstrickungen während des Wahlkampfs 2016 untersucht, entlassen. Nun hiess es aus dem Weissen Haus, Trump werde das nicht tun.
Die Klarstellung wurde nötig, nachdem der US-Präsident Mueller am Wochenende auf Twitter attackiert hatte. Er sorge damit für Aufregung in Washington, vor allem auch bei den Republikanern. Im Gespräch erklärt der USA-Experte Marco Overhaus von der Stiftung für Wissenschaft und Politik, was das bedeutet, und wie es nun weitergeht.
SRF News: Das Weisse Haus gibt Entwarnung – Präsident Donald Trump wolle Robert Mueller nicht entlassen. War die ganze Aufregung in Washington also umsonst?
Marco Overhaus: Nein. Was wir am Wochenende erlebt haben, war bloss die jüngste Episode in einem Konflikt, der sich schon über Monate hinzieht. Der Zwist zwischen FBI-Sonderermittler Mueller und Präsident Trump ist mit Trumps Statement keineswegs beendet, er geht weiter. Der Präsident hat bloss vorerst darauf verzichtet, die Entlassung Muellers zu forcieren – wegen des Drucks aus dem Kongress.
Wieso verstärkt Trump gerade jetzt den Druck auf Mueller?
Wie bei vielem, was Trump macht, muss man auch hier etwas spekulieren. Ein wichtiger Faktor dürfte allerdings sein, dass sich in den letzten Wochen und Tagen abgezeichnet hatte, dass Mueller die Ermittlungen gegen Trump und sein Umfeld ausweiten und verschärfen wollte. Mueller sagte erstmals öffentlich, dass er Vertreter der Trump Organization vorladen möchte. Auch wird das Mandat von Mueller tendenziell erweitert, er untersucht nun auch den Fluss ausländischer Gelder in die politischen Aktivitäten Trumps. Für den Präsidenten wird das Ganze zunehmend ungemütlich. Wohl deshalb hat sich Trump auf Twitter eskalierend geäussert.
Für welche Geschäfte der Trump Organization – das ist die Holdinggesellschaft, die alle von Trumps Geschäften vereint – interessiert sich Mueller im Besonderen?
Im Detail ist das schwer nachzuvollziehen, vieles ist nicht öffentlich. Allgemein bekannt ist, dass Teile seiner Familie, so etwa Schwiegersohn und Immobilienhändler Jared Kushner, in den Fokus des öffentlichen Interesses gekommen sind. Offenbar hatte Trump immer stärker den Eindruck, dass die Mueller-Ermittlung zunehmend auch seine Familienunternehmen und seine Angehörigen ins Visier nimmt. Trump hatte schon früher erklärt, das sei für ihn eine rote Linie. Jetzt hat er sich offensichtlich bedroht gefühlt und versucht, stärker dagegen vorzugehen.
Robert Mueller verstärkt seine Ermittlungen und legt sein Mandat jetzt weitergehend aus.
Sonderermittler Mueller hat seine Arbeit im Mai letzten Jahres aufgenommen. Kann man als aussenstehender Beobachter sagen, wo die Untersuchung jetzt genau steht?
Das lässt sich nur sehr schwer beurteilen. Vieles sind laufende Ermittlungen. Es dringen zwar immer wieder Informationen nach aussen. Es wird geleakt, es wird viel spekuliert. Klar scheint einzig, dass Mueller seine Ermittlungen verstärkt und sein Mandat weitergehend auslegt. Er nimmt zunehmend Trumps Geschäfte und Familie ins Visier. Zudem gibt es auch von aussen die Forderung an Mueller, die Wahlkampffinanzierung Trumps genauer zu untersuchen. Der Druck auf Trump steigt zudem im Zusammenhang mit der Zahlung von 130'000 Dollar an die Pornodarstellerin Stormy Daniels.
Die Untersuchungen sind noch in vollem Gange – wann ist mit Ergebnissen zu rechnen?
Trump selber hatte erwartet, dass die Mueller-Untersuchung relativ rasch abgeschlossen sein werde. Das war ihm aus seinem Umfeld offenbar auch so signalisiert worden. Doch die jüngsten Entwicklungen deuten eher darauf hin, dass sie sich noch einige Monate hinziehen werden. Das ist für Trump ein politisches Problem, deshalb auch seine zunehmend aggressiveren Äusserungen.
Das Gespräch führte Christina Scheidegger