Russland erwartet auch dieses Jahr einen grossen Ansturm in St. Petersburg. Beim Afrika-Gipfel 2019 war der Ansturm mit 49 Staats- und Regierungschefs aus fast 55 afrikanischen Ländern enorm. Viele Länder jedoch wollten dieses Jahr wegen des Ukraine-Kriegs nicht zu viel Freundschaft mit Russland zeigen, sagt Journalistin Simone Schlindwein.
«In Afrika hat man oft das Gefühl, vor die Wahl zwischen dem Westen und Russland gestellt zu werden», sagt sie. Die eine oder andere Delegation könne daher etwas niedriger ausfallen, mehrere Staats- und Regierungschefs lassen sich wohl vertreten.
Mit Moskau kann man es sich nicht verscherzen.
Zugleich seien nach wie vor viele afrikanischen Regierungen im Verteidigungshaushalt oder in Verteidigungsfragen von Russland abhängig. «Mit Moskau kann man es sich nicht verscherzen», so Schlindwein. Ferner mache Russland den Afrikanerinnen und Afrikanern weitere verlockende Angebote – etwa im Energiesektor oder in der Landwirtschaft.
Putin über Ernährungssicherheit in Afrika
So will der russische Präsident Wladimir Putin am Afrika-Gipfel insbesondere über die Ernährungssicherheit auf dem afrikanischen Kontinent sprechen.
In Afrika hat man das Gefühl, mit dem Rücken zur Wand zu stehen.
Dies kurz nachdem er das Getreideabkommen mit der Ukraine ausgesetzt hatte. «In Afrika hat man das Gefühl, mit dem Rücken zur Wand zu stehen», berichtet Schlindwein. «Afrika leidet unter extrem hohen Lebensmittel-, Transport- und Energiepreisen.»
Bisher habe vor allem das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen Afrika mit Getreide versorgt. Dieses bleibt wegen des gestoppten Abkommens nun aus. Die afrikanischen Regierungen müssen anderweitig an Lebensmittel für die Ärmsten herankommen, beispielsweise über einen Deal mit Putin. Doch Schlindwein weiss: «Man ist da ein bisschen zögerlich.»
Afrika erhofft sich viel
Viele afrikanische Delegationen erhoffen sich laut Schlindwein nach wie vor grosse Investitionen in Sachen Energie. «Beispielsweise erhofft sich der ugandische Präsident Yoweri Museveni eine grosse Ölraffinerie, wofür er sicher bei den Russen nochmals anklopft.»
Afrika erhofft sich einiges, zögert aber damit, sich zu sehr ins Boot mit den russischen Akteuren zu setzen.
Andere Länder hätten andere Energiefragen, womit die Atomenergie von russischer Seite wieder auf den Tisch käme. Aber auch einfache Düngemittellieferungen seien Thema. «Man erhofft sich einiges, zögert aber damit, sich zu sehr ins Boot mit den russischen Akteuren zu setzen. Weil man nie weiss, wo das endet», so Schlindwein.
Man ist auf das Getreide angewiesen
«Die meisten haben keine andere Wahl, als auf Putins Angebot, Getreide zu liefern, einzugehen», meint Schlindwein und verweist auf das Beispiel Kenia. «Da gab es wochenlang massive Proteste der Bevölkerung. Lebensmittelsicherheit wirkt sich schnell auf die Stabilität eines Landes aus.»
Insofern hätten afrikanische Regierungen in Sachen Lebensmittel keine Wahl. Und wenn die Regenzeit, die bald einsetzen sollte, ausbleibt, stünde die nächste grosse Krise in Gestalt einer Hungerkatastrophe an.