Kleinbauer Cliford Chikafa bewahrt seine Maisernte in einem überdimensionierten Korb auf. Selbst geflochten, wie das in Malawi üblich ist. In jedem Hof steht ein solcher Korb, denn in Malawi ernähren sich fast alle Menschen von Mais. Das Land im südlichen Afrika, eines der ärmsten auf dem Kontinent, braucht viel chemischen Dünger, denn ohne ihn bleiben die Maisstauden dünn und kurz.
«Ohne Dünger geht nichts», erklärt Chikafa. «Die Böden in unserer Gegend sind zu ausgelaugt, sie brauchen zusätzliche Nährstoffe.» Er ist mit der diesjährigen Ernte zufrieden. Sie reicht, um eine sechsköpfige Familie für ein weiteres Jahr zu ernähren.»
Russischer Dünger aus dem Ural
Den Dünger, der seine Ernte rettete, bewahrt er in einem dunklen Raum auf. Er stammt aus Russland. Ausgerechnet Russland, das mit seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine weltweit einen enormen Anstieg der Düngerpreise verursachte, hat Malawi im März 22'000 Tonnen Dünger gespendet.
Cliford Chikafa erhielt sechs Säcke und hat noch einen übrig für die nächste Ernte. Er ist über den Krieg in der Ukraine informiert, ihm ist bewusst, dass Russland die Ukraine angegriffen hat. Er weiss auch, dass seine Regierung in der UNO Russlands Angriffskrieg verurteilt hat.
Russland hat mir geholfen, eine gute Ernte einzubringen.
Dennoch hat er mit der Düngerspende kein Problem – im Gegenteil: «Russland hat mir geholfen, eine gute Ernte einzubringen. Mir ist Russland seither sympathischer, da es mir Sachen gibt, die ich will. Wie eben Dünger.»
Russland spendete nicht nur Malawi Dünger, sondern auch anderen Ländern wie Kenia. Insgesamt wurden 260‘000 Tonnen verteilt. Der malawische Landwirtschaftsminister Samuel Kawale hat im März die Spende für sein Land persönlich entgegengenommen und das mit dem russischen Botschafter in einer grossen Zeremonie gefeiert.
Er verstehe nicht, warum das im Westen kritisch beobachtet worden ist. Wer eine ernsthafte Beziehung pflege, der dürfe kritisch sein – wie eben in der UNO –, aber auch feiern, wenn es etwas zu feiern gebe. «Wir produzieren keinen eigenen Dünger. Die Preise waren nicht nur gestiegen, wir hatten auch keine Devisen, um Dünger zu importieren. Da war die Spende eine willkommene Hilfe.»
Zudem sei die Spende von der UNO-Welternährungsorganisation aufgegleist worden, die UNO habe das also sanktioniert. Warum darüber niemand ein Wort verliere, verstehe er nicht, so Kawale.
Den malawischen Investigativjournalisten Golden Matonga erstaunt das allerdings nicht, denn an der Zeremonie hielt sich die UNO-Welternährungsorganisation im Hintergrund: «Es war fraglos ein russischer Anlass. Sogar der Besitzer der Düngerfabrik aus dem Ural war anwesend.» Russland habe die Aktion eindeutig für sich genutzt, um in Afrika das Image aufzupolieren», sagt Matonga. «Denn das ist letztlich Moskaus Ziel.»
Dass Malawi nun seine Haltung in der UNO ändern wird, glaubt Matonga jedoch nicht. Landwirtschaftsminister Samuel Kawale bestätigt dies: «Egal, wie viele Ressourcen und Spenden in unser Land gepumpt werden – die Position der malawischen Regierung wird sich nicht ändern. Krieg ist nicht richtig.»
Solche Fragen beschäftigen die Kleinbauern in der Regel wenig. So ist es Cliford Chikafa egal, woher der Dünger stammt. Hauptsache, er wird auch nächstes Jahr welchen geschenkt erhalten. Golden Matonga ist sicher, dass die russische Strategie bei Menschen wie ihm, die jedes Jahr knapp über die Runden kommen, funktioniert. Frei nach dem Motto: Steter Tropfen höhlt den Stein.