Russland erhält im Europarat sein Stimmrecht zurück, das ihm nach der Annexion der Krim entzogen worden war. Dies nach einer langen und erbittert geführten Nachtdebatte in der Parlamentarischen Versammlung der Organisation. Russland hatte zuvor massiv Druck ausgeübt auf den Europarat und sich am Ende nun durchgesetzt.
Europarat knickt ein
Der Europarat hatte die Wahl zwischen zwei Übeln: Entweder verrät er seine Seele oder er riskiert seine Existenz. Die Parlamentarische Versammlung entschied sich nun nach zähem, zum Teil gehässigem Ringen mit 118 zu 62 Stimmen für Variante eins - genauso wie vor einem Monat bereits der Ministerrat. Das heisst: Russland erhält sein Stimmrecht zurück, ohne dass es im Krim- und Ostukraine-Konflikt Konzessionen machen muss. Dagegen gewehrt hatten sich vor allem die ukrainischen und andere osteuropäische sowie britische Parlamentarier.
Ausgerechnet jene europäische Organisation, die für politische Prinzipien, für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit steht, knickt also ein. Lediglich die als Gegenmassnahme nicht bezahlten Mitgliedschaftsbeiträge von gut 70 Millionen Euro muss Moskau nachbezahlen. Die Entscheidung von heute Nacht bedeutet zudem, dass künftig keinem Land mehr als Sanktion das Stimmrecht entzogen werden kann.
Die Drohung Russlands
Die Alternative, ein Ausscheiden Russlands wäre allerdings auch problematisch gewesen: Russland hat bereits zuvor seine Delegation aus Strassburg abgezogen und drohte jetzt damit, den Europarat ganz zu verlassen, wenn seine parlamentarische Delegation das Stimmrecht nicht zurückerhielte. Damit wären der Strassburger Organisation dauerhaft die russischen Beiträge entzogen worden. Sie hätte ihre Aktivitäten stark herunterfahren und Personal entlassen müssen.
Wichtiger war aber der Parlamentsmehrheit, dass damit den russischen Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit entzogen worden wäre, an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu gelangen. Wo Zehntausende von ihnen Recht erhielten.
Russischer Sieg auf der ganzen Linie
Die russische Delegation soll bereits heute nach Strassburg zurückkehren und kann so morgen an der Wahl eines neuen Generalsekretärs des Europarates teilnehmen.
Das diplomatische Powerplay des Kremls gegenüber einer relativ schwachen internationalen Organisation war also rundum erfolgreich. Der Europarat hingegen geht angeschlagen aus der Auseinandersetzung hervor.