Es ist ein ganzer Strauss an Sanktionen, den die EU-Aussenministerinnen und Aussenminister heute verhängt haben. Diese Entscheidungen passen zur Strategie, die sich insbesondere seit dem letzten Spätsommer deutlich zeigt. Die EU verhängte im Herbst unter anderem Sanktionen gegen Personen in Belarus sowie gegen Personen in Russland und nun gibt es auch Sanktionen gegen Personen in China wegen der Unterdrückung von Uiguren und anderen Minderheiten in der Region Xinjiang.
Die Strategie dahinter: Die Europäische Union möchte aussenpolitisch stärker als Machtblock und als Verteidigerin der Menschenrechte wahrgenommen werden. Mit den Sanktionen gegen Personen und eine Organisation in China verlässt die EU die Ebene des reinen Dialogs und ändert die Strategie gegenüber der Volksrepublik.
Wirtschaftliche Beziehungen bleiben wichtig
Die Europäische Union sowie einzelne Mitgliedsstaaten – wie beispielsweise Deutschland oder die Niederlande – kritisieren bereits seit längerer Zeit öffentlich die Menschenrechtslage in der chinesischen Region Xinjiang. Wegen der wirtschaftlichen Beziehungen, die durch das Investitionsabkommen noch verstärkt werden sollen, hielt sich die Europäische Union mit Sanktionen bislang zurück.
Denn Sanktionen, auch wenn sie sich nur gegen einzelne Personen und eine Organisation richten, senden ein deutlicheres Signal des Unmuts an die Regierung in Peking und verärgern Präsident Xi Jinping stärker als eine rein verbale Kritik. Auch Gegenmassnahmen können die Folge sein, welche China nach dem heutigen Entscheid der Aussenministerinnen und Aussenminister bereits ergriffen hat.
Nebst dem stärkeren aussenpolitischen Auftreten der EU sind die heute verhängten Sanktionen auch eine Folge der neuen Sanktionsregeln, die seit dem letzten Dezember in Kraft sind. Diese erlauben es der Europäischen Union, gezielt gegen Personen und Organisationen vorzugehen, die im Zusammenhang mit Menschenrechtsverletzungen stehen. Es ist folglich nur konsequent, dass der öffentlichen Kritik an China nun auch Taten folgen.
Transatlantische Beziehungen stärken
Die Sanktionen gegen China können auch in einem grösseren Kontext gesehen werden. Mit der heutigen Entscheidung der Aussenministerinnen und Aussenminister positioniert sich die Europäische Union klar auf der Seite neuen Regierung von US-Präsident Joe Biden.
Zuletzt äusserten die USA ihre starke Kritik an der Volksrepublik China beim Treffen der beiden Weltmächte in Alaska am vergangenen Freitag. Die EU-Sanktionen gegen China sind daher auch ein Signal aus Brüssel nach Washington, dass die transatlantische Beziehung, die unter Präsident Trump stark gelitten hat, wieder gestärkt und ausgebaut werden soll.
Die Kritik der EU an China fällt allerdings nicht so laut aus wie jene der USA. Das hat unter anderem damit zu tun, dass die EU nicht bereit ist, stärker gegen China aufzutreten. Das Investitionsabkommen, das man noch zum Schluss der deutschen Ratspräsidentschaft im letzten Jahr fertig verhandelt hat, muss nun umgesetzt werden. Zudem sind die wirtschaftlichen Interessen der einzelnen Mitgliedsstaaten zu unterschiedlich, als dass es für ein gemeinsames härteres Vorgehen der EU reichen würde.