Die Regierung von Präsident Baschar al-Assad hat die Kontrolle über grosse Teile der Millionenstadt Aleppo an Rebellen verloren. Dies bestätigt die syrische Regierung. Die Aufständischen hätten es aber bislang nicht geschafft, Stellungen einzurichten, so die Regierung weiter.
Laut Aktivisten haben mutmasslich russische Kampfflugzeuge, welche die syrische Regierung unterstützen, am Samstagnachmittag bei einem Luftangriff mindestens 16 Menschen getötet. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte sprach von einem «Massaker». Bei dem Angriff seien ausserdem mindestens 20 Personen verletzt worden.
Der Flughafen von Aleppo ist laut Aktivisten von kurdischen Milizen übernommen worden. Diese gehören zwar nicht der Rebellenallianz an, scheinen nun aber teilweise das durch den Rückzug regimetreuer Truppen entstehende Machtvakuum auszufüllen. «Sicher ist, die kurdischen Milizen haben kein Interesse, das Terrain allein den arabischen Rebellen zu überlassen – die in Teilen von der Türkei unterstützt werden», so die Einschätzungen von SRF-Auslandredaktor Philip Scholkmann. Der Vormarsch der Kurden dürfte vor allem von der Türkei und mit ihr verbündeten Milizen in Syrien mit Sorge betrachtet werden.
Offensive gegen Baschar al-Assad
Die Aufständischen drangen zum ersten Mal seit 2016 in Aleppo ein – nur drei Tage nach dem Start ihrer überraschenden Offensive gegen die Truppen von Machthaber Baschar al-Assad. Die Rebellen kontrollierten dort nun auch Regierungsgebäude und Gefängnisse, erklärt die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte.
Laut der Nachrichtenagentur Reuters haben die Rebellen mittlerweile verkündet, die gesamte Provinz Idlib unter ihre Kontrolle gebracht zu haben. Regierungstruppen haben sich in einen Vorort der Stadt zurückgezogen. Laut Berichten versammelt die Regierung ihre Streitkräfte im Osten der Stadt für einen Gegenschlag.
Russland unterstützt die syrischen Regierungstruppen. Die syrische Armee griff mit Hilfe russischer Kampfjets bereits in der Nacht Dutzende Ziele in Idlib und im Umland von Aleppo an. Ein Sprecher der russischen Armee teilte laut der staatlichen Nachrichtenagentur Tass mit, mindestens 200 Rebellen seien bereits bei russischen Angriffen getötet worden.
Sollte Aleppo dauerhaft an die Aufständischen fallen, wäre das ein herber Schlag für Präsident Assad, der seine Macht mit Hilfe russischer und iranischer Unterstützung in den letzten Jahren wieder festigen konnte. Die Offensive der Rebellen ist eine bemerkenswerte Entwicklung in dem seit 2011 andauernden Bürgerkrieg. Die Fronten hatten sich zuletzt wenig verändert.
Regierungstruppen unter Druck
Eine Allianz von Aufständischen unter der Führung der Islamistenorganisation Haiat Tahrir al-Scham (HTS) hatte diese Woche bei einer Offensive im Nordwesten des Landes überraschend grosse Gebietsgewinne erzielt.
Die Allianz islamistischer Rebellen nennt ihre neue Offensive «Abschreckung der Aggressionen». Nach Angaben eines dpa-Reporters vor Ort sind Tausende auf der Flucht in ländliche Gebiete oder andere Städte. Das syrische Verteidigungsministerium gab an, die Streitkräfte seien mit massiven Angriffen im Umland Aleppos und Idlibs konfrontiert.