Nach dem Untergang eines Schiffes mit vermutlich 500 Flüchtlingen im Mittelmeer haben Rettungskräfte bislang insgesamt nur zehn Überlebende geborgen. Zudem seien drei Leichen entdeckt worden, teilte die Internationale Organisation für Migration IOM in Rom mit. Sie berief sich dabei auf Angaben aus Italien, Malta und Griechenland. Demnach wurden zwei der Überlebenden nach Malta gebracht, sechs nach Kreta und zwei weitere nach Sizilien.
Bei den nach Sizilien gebrachten Flüchtlingen handelt es sich um die beiden 27 und 33 Jahre alten Palästinenser, die der IOM als erste vom Untergang ihres Schiffes am Mittwoch vergangener Woche berichtet hatten. Die Organisation geht von bis zu 500 Vermissten aus.
«Die Schlepper können absolut brutal sein»
Den geretteten Palästinensern zufolge war das Flüchtlingsschiff mit Menschen aus Syrien, Ägypten, dem Sudan und den Palästinensergebieten am 6. September vom ägyptischen Hafen Damietta aus aufgebrochen. Während der Fahrt hätten die Passagiere mehrmals das Boot wechseln müssen. Als sie sich am Mittwoch geweigert hätten, in ein noch kleineres Boot zu steigen, hätten die wütenden Schleuser das Schiff absichtlich gerammt. Vor Malta sei das Schiff untergegangen. Die beiden Palästinenser wurden am folgenden Tag von einem Frachter aus dem Meer gerettet.
Christopher Hein, Direktor der Nichtregierungsorganisation italienischer Flüchtlingsrat hält die Schilderung der Überlebenden für glaubwürdig. «Bestätigen kann ich das nicht. Aber wir wissen von vielen früheren Ereignissen im Mittelmeerraum, dass die Schlepper absolut brutal sein können. Dass sie Menschen einfach über Bord geworfen haben, Kinder über Bord geworfen haben, schwangere Frauen über Bord geworfen haben.»
Nordische Länder blockieren Botschaftsasyl
Die EU sei angesichts der unzähligen Flüchtlinge, die trotz der Gefahr die Reise nach Europa antreten, in der Verantwortung. «Man kann die Flüchtlinge nicht davon abhalten, ihre Zukunft an einem sicheren Ort zu suchen. Es gibt keine Mauern, keine Barrieren, die das leisten könnten.» Also müsse man Möglichkeiten eines legalen Zugangs zu Europa eröffnen, sagt Hein. «So wie das die Schweiz bis 2012 mit dem Botschaftsasyl gemacht hat. Sie wurde aber darin von Europa allein gelassen und hat diese Möglichkeit wieder abgeschafft.»
Es gebe den Willen von einigen Ländern, diese Möglichkeit wieder einzuführen. Das Vorhaben werde aber von anderen Ländern blockiert, die weiter weg vom Mittelmeer seien. Trotz all dieser Dramen hätten diese die Dramatik der Situation noch nicht verstanden, sagt Hein. «Was bleibt, ist die Hoffnung auf den Druck der öffentlichen Meinung, die sagt, ‹das ist eure Aufgabe, eure Verantwortung, da etwas zu unternehmen›.»