- Die schottische Ministerpräsidentin Nicola Sturgeon gibt ihr Amt auf.
- Sturgeon bleibt im Amt als Regierungschefin Schottlands und Chefin der Schottischen Nationalpartei (SNP), bis eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger gefunden ist.
- Sturgeon setzt sich für die Unabhängigkeit Schottlands vom Vereinigten Königreich Grossbritannien ein.
«Ich kündige meine Absicht an, als Regierungschefin und Chefin meiner Partei zurückzutreten», sagte die 52-Jährige in Edinburgh. Auch wenn diese Entscheidung für viele überraschend und für manche zu früh komme, wisse sie «mit meinem Herzen und meinem Verstand, dass dies der richtige Zeitpunkt» sei.
Sie wolle als «First Minister» und Chefin der Schottischen Nationalpartei (SNP) im Amt bleiben, bis ein Nachfolger oder eine Nachfolgerin gefunden sei.
Ihre Entscheidung sei keine Reaktion auf Druck und schwierige Situationen in der Vergangenheit. Stattdessen merke sie mittlerweile, welchen körperlichen und psychischen Einfluss die grossen Belastungen der Corona-Pandemie für sie als Regierungschefin hinterlassen haben.
Die Fragen, ob der Job das Richtige für sie sei und ob sie die Richtige für ihre Partei, ihr Land und den Kampf für die schottische Unabhängigkeit sei, sei immer schwieriger mit «Ja» zu beantworten gewesen. «Ich bin zu der schwierigen Entscheidung gekommen, dass es nicht mehr so ist», sagte Sturgeon. Sie wolle ihrer Partei daher die Freiheit geben, sich für eine neue Führung zu entscheiden.
Sturgeon kämpfte für die Unabhängigkeit Schottlands
Im Ringen um eine Unabhängigkeit Schottlands vom Vereinigten Königreich musste die 52-Jährige zuletzt mehrere Dämpfer hinnehmen: London blockiert eine von ihr angestrebte erneute Abstimmung über die Frage, ob Schottland weiterhin Teil des Vereinigten Königreichs bleiben soll oder nicht. Zudem verloren die Unabhängigkeitsbefürworter vor dem höchsten britischen Gericht.
Der Supreme Court hatte geurteilt, dass das schottische Regionalparlament kein Recht hat, ohne Zustimmung der britischen Regierung eine Volksabstimmung anzusetzen. Sturgeon sagte, sie sei enttäuscht von der Entscheidung, akzeptiere sie aber. Unabhängigkeit müsse auf legalem und demokratischem Wege erreicht werden.
Kontroverse um Gender-Gesetz
Zudem belastete zuletzt der Streit um ein kontroverses Gender-Gesetz die schottische Regierung. Mit dem Gesetz, für das das schottische Parlament im vergangenen Jahr gestimmt hatte, soll unter anderem die Pflicht für ein medizinisches Gutachten als Voraussetzung für eine Änderung des Geschlechtseintrags entfallen.
Das Mindestalter für einen Antrag soll von 18 auf 16 Jahre gesenkt werden. Als Transmenschen werden Personen bezeichnet, die sich dem Geschlecht, das ihnen bei Geburt zugeschrieben wurde, nicht zugehörig fühlen.
Nachfolge noch ungewiss
Nach dem Rücktrittentscheid von Sturgeon ist die Zukunft nun ungewiss. Es gebe keine natürliche Nachfolgeregelung, sagt Politologin Kirsty Hughes der Deutschen Presse-Agentur. Genannt wird etwa Finanzministerin Kate Forbes, die eben erst aus der Elternzeit zurückkehrt. Auch Sturgeons Vize John Swinney und Gesundheitsminister Humza Yousaf gelten als Kandidaten.
Das Streben nach Unabhängigkeit dürfte auch ohne Sturgeon das Kernthema bleiben. Sturgeon gab sich zuversichtlich. «Ich glaube fest daran, dass mein Nachfolger Schottland in die Unabhängigkeit führen wird», sagte sie.