Jedes Jahr hören Zehntausende junger Mädchen in Afrika mit der Schule auf, weil sie schwanger, verheiratet sind oder bereits Mütter geworden sind. Dies schreibt die Organisation Human Right Watch in einem neuen Bericht.
Dass Mädchen während und nach einer Schwangerschaft nicht mehr zur Schule gehen, habe hauptsächlich zwei Gründe, sagt Anna Lemmenmeier, SRF-Afrika-Korrespondentin. «In gewissen Ländern Afrikas ist es gesetzlich verboten, dass schwangere Mädchen zur Schule gehen. Das ist aber in den wenigsten Ländern der Fall.» Meistens liege es daran, dass Mädchen aus gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Gründen die Schule abbrächen.
Teenager-Schwangerschaften sind überall auf der Welt stigmatisiert. Anders als beispielsweise in der Schweiz seien in Afrika konservative und religiöse Vorstellungen weiter verbreitet und damit auch das Tabu von Sex vor der Ehe. Aufklärung sei kaum ein Thema. «Viele junge Mädchen wissen gar nicht, wie man schwanger wird, weil man nicht über Sex spricht», so die Korrespondentin. Abtreibung sei kein Thema, in vielen Ländern sei sie verboten und nur ganz selten legal.
Covid hat alles verschlimmert
«Dass Mädchen nicht mehr zur Schule gehen, war auch sonst ein Thema», sagt Anna Lemmenmeier. «Doch Covid hat das Problem verschärft.» Dabei spielten vor allem die wirtschaftlichen Aspekte eine Rolle: Die Eltern konnten aufgrund der Pandemie die Schulen für die Kinder nicht mehr finanzieren und die Kinder gingen selbst arbeiten.
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Bei Mädchen sieht diese Arbeit häufig so aus, dass sie Dienstleistungen oder Nahrungsmittel mit Sex bezahlen. «Es geht um Sex gegen Geld, Sex gegen Essen, Sex gegen Transport zur Schule», so Lemmenmeier. Je schlechter die Familie finanziell gestellt ist, desto häufiger sehen sich Mädchen gezwungen, auf diese Weise die Familie zu unterstützen. Das Risiko ist gross, dass sie dabei schwanger werden.
Aktive Programme wären nötig
Wie man diese Mädchen wieder zurück zur Schule bringen könnte, werde unter Experten diskutiert. «Man müsste diesen Mädchen nachgehen und sie auffordern, wieder zur Schule zu kommen», sagt die Korrespondentin. Es bräuchte aber auch die entsprechenden Strukturen, da nicht alle jemanden haben, der auf das Kind aufpassen kann.
Sie bringt das Beispiel von Tansania: In Tansania war unter Präsident John Magafuli verboten, dass schwangere Mädchen zur Schule gehen dürfen. Nach seinem Tod kam eine Frau ins Amt: Samia Suluhu Hassan. «Seit Ende letztem Jahr ist es zumindest gesetzlich wieder erlaubt, dass schwangere Mädchen zur Schule gehen. Es hat sich mit einer Frau als Präsidentin schlagartig geändert.» Verbessert habe sich die gesetzliche Situation für die Mädchen aber nicht nur in Tansania. Auch in Sierra Leone und in Togo dürfen Schwangere und junge Mütter nun zur Schule gehen.