Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ist die einzige regionale Sicherheitsorganisation, in der sowohl Russland als auch die USA und die übrigen Nato-Länder vertreten sind. Das macht sie wichtig. Aber genau das macht zurzeit den Dialog extrem schwierig.
Dabei könnte die OSZE viel dazu beitragen, die aktuellen Spannungen ab- und das verlorengegangene Vertrauen wieder aufzubauen, findet ihr Generalsekretär Thomas Greminger: «Es wird viel über Abschreckung und Verteidigung gesprochen. Die Dialogangebote sind noch viel zu rar, um vom Abgrund wegzukommen, an dem wir uns bewegen. Es braucht die OSZE.»
Historische Vertrauenskrise
Doch leicht ist es nicht, ihr zu einer Schlüsselrolle zu verhelfen. «Das Vertrauen zwischen den Schlüsselakteuren ist auf einem historischen Tief», so Greminger. Aus einem Krieg der Worte könnte rasch ein Krieg der Waffen werden. Auch in Europa, wo das lange niemand mehr für möglich hielt.
Genau in diesem Zeitpunkt übernimmt die Schweiz den Vorsitz im OSZE-Forum für Sicherheitspolitik. Die Erwartungen an die Schweiz seien hoch, sagt Staatssekretärin Pascale Baeriswyl.
«Das können wir auch während unseres viermonatigen Vorsitzes in der militärisch-politischen Dimension einbringen», erklärt Baeriswyl. Auf einen grossen Durchbruch zu hoffen wäre illusorisch. Die Schweiz wählt eine andere Strategie: Sie hat eng umgrenzte Themenfelder identifiziert, damit es nicht gleich ums grosse Ganze geht.
Wenn wir Impulse setzen und Länder dafür gewinnen können, sich an Aktionen zu beteiligen oder im Innern etwas umzusetzen, haben wir einen Erfolg erzielt.
Zum Beispiel engagiere sich die Schweiz seit Jahren für eine bessere Kontrolle von Kleinwaffen, sagt Baeriswyl. Zumal in vielen OSZE-Staaten noch Kleinwaffen und Munition in riesigen Mengen und oft ungesichert lagern, teils Waffen, die längst ausgedient haben. Daran, sie besser zu sichern und unschädlich zu machen, ist Russland ebenso interessiert wie westliche Staaten. Ein Konsens wäre möglich.
Ein anderes Feld sind private Firmen im Sicherheits- und Militärbereich. Baeriswyl: «Die Schweiz hat vor einigen Jahren mit dem IKRK das Montreux-Dokument erarbeitet. Hier können sich die privaten Firmen selber verpflichten und man kann diese regulieren.» Also «Söldnerfirmen» besser überwachen und ihr Tun in geordnete Bahnen lenken.
Es braucht Dialog
Gehofft wird auch, dass wenigstens wieder Verhandlungen über Rüstungskontrolle und Abrüstung lanciert werden können. Gemessen an der Brisanz und Dimension des neuen Ost-West-Konflikts sind das überschaubare Schritte. Aber, so die Spitzendiplomatin: «Wenn wir Impulse setzen und Länder dafür gewinnen können, sich an Aktionen zu beteiligen oder im Innern etwas umzusetzen, haben wir einen Erfolg erzielt.»
Es bringe nichts davon auszugehen, dass die OSZE – wie auch der Nato-Russland-Rat oder die UNO – blockiert seien und Anstrengungen müssig seien: «Solche Gremien sind am wichtigsten, wenn es eine Vertrauenskrise gibt.»
Die Schweiz kann sich profilieren
Dazu kommt: Ein solches Mandat, selbst wenn es turnusgemäss der Schweiz zufällt und nur vier Monate dauert, ist eine seltene Gelegenheit für einen Kleinstaat, sich zu profilieren. Die hochvernetzte Schweiz profitiert enorm von einem soliden Image als Brückenbauerin.
Und sie ist allein schon wirtschaftlich auf eine stabile Weltordnung angewiesen. Ein starkes Engagement in dem OSZE-Amt ist also weder Selbstzweck noch selbstlos. Die Schweiz verteidigt auf legitime Weise auch ihre eigenen Interessen.