Die Schweiz als Briefträgerin – und eine, die den Inhalt der Post kennt. So wird die Rolle der Schweiz im Konflikt zwischen den USA und dem Iran oft beschrieben. Als Schutzmacht vertritt sie seit 40 Jahren die Interessen der USA im Iran. Doch die Schweiz möchte mehr sein als nur Postbotin.
Seit über eineinhalb Jahren arbeitet sie an einem Zahlungsmechanismus exklusiv für Schweizer Firmen und Banken, um humanitäre Güter in den Iran liefern zu können – trotz US-Sanktionen, im Einverständnis mit den USA. Mit dem sogenannten «Swiss Humanitarian Trade Agreement» (SHTA) würde die Rolle der Schweiz deutlich über das Überbringen von Nachrichten hinausgehen. Nun soll das SHTA «an den hochrangigen bilateralen Gesprächen» am WEF aufgenommen werden, wie das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco gegenüber SRF bestätigt.
Positive Signale trotz Spannungen
Erstmals hat sich der iranische Botschafter in der Schweiz zu den Plänen für ein humanitäres Handelsabkommen geäussert. Laut Mohammad Reza Haji Karim Jabbari werde die Rolle der Schweiz sehr geschätzt: «Es fehlen uns zum Beispiel Chemotherapie- oder Diabetes-Medikamente, weil das Bankensystem blockiert ist von den Amerikanern. Die USA sagen zwar, der humanitäre Handel falle nicht unter das Embargo, aber andererseits blockieren sie die Banküberweisungen.»
Aus den USA gibt es derweil verhalten positive Zeichen. In einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters zeigte sich der Schweizer US-Botschafter Edward McMullen im Dezember optimistisch: «Glücklicherweise sind wir, denke ich, an dem Punkt, an dem wir mit der Schweiz an den letzten Details arbeiten. Hoffentlich werden wir in naher Zukunft (…) zu einer Art Abschluss kommen.»
Chancen überwiegen
Der Prozess ist heikel. Diese Woche hat sich die Aussenpolitische Kommission des Ständerats mit dem Thema befasst. Aussenpolitiker Andrea Caroni mahnt vor den Risiken, die eine solche Ausnahmeregelung für Schweizer Firmen bergen könnten. Es dürften der Schweiz keine Fehler passieren, «sonst könnten unsere Banken ins Kreuzfeuer der USA geraten.» Und die Schweiz müsse sicherstellen, dass die Güter an die Bedürftigen im Iran und nicht ans Regime gingen.
Die Initiative passe in die «humanitäre DNA» der Schweiz, findet Carlo Sommaruga, der die Parlamentarische Gruppe Naher Osten präsidiert. Die Erfahrungen mit dem Iran liessen sich auch auf andere Regionen übertragen: «Wenn wir dieses Tool für den Iran aufbauen können, dann können wir das auch in anderen Situationen für andere Länder nutzen.»
Deblockade «in gewissen Punkten»
Doch es bestehen noch verschiedene Hürden. Laut Kommissionspräsident Damian Müller besteht die Schwierigkeit einerseits darin, Banken zu finden, die sich trauten, die Zahlungen trotz den Sanktionen zu tätigen. Andererseits stehe vor allem das «Go» der USA noch aus: «Wir hoffen, dass wir am WEF gewisse Punkte deblockieren können», so Müller.
Laut Seco laufen die Verhandlungen ohnehin schwergewichtig auf technischer Ebene, zwischen den Verwaltungen Schweiz-USA. Ein erhoffter Durchbruch klingt anders. Wenn das Scheinwerferlicht des WEF ausgeht, dürfte die Arbeit wieder hinter den Kulissen weitergehen.