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Verhandlung in stürmischen Zeiten um UNO-Atomsperrvertrag
Aus Rendez-vous vom 02.08.2022. Bild: Keystone
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Schwerer Stand für Atomvertrag Auf- statt Abrüstung vergrössert Atomkriegsrisiken

Die stürmische geopolitische Grosswetterlage macht Fortschritte im UNO-Atomsperrvertrag derzeit fast unmöglich.

Der Atomsperrvertrag von 1970 war ursprünglich eine Erfolgsgeschichte, so US-Aussenminister Anthony Blinken. Der Vertrag habe die Welt ohne Frage sicherer gemacht.

Doch seit Jahren stocken die Fortschritte: Neben den fünf offiziellen Atommächten USA, Russland, China, Frankreich und Grossbritannien legten sich Indien, Pakistan, Israel und Nordkorea Atombomben zu; der Iran dürfte folgen. Und die traditionellen Nuklearstaaten rüsten wieder kräftig auf statt ab, wie es der Atomsperrvertrag verlangt.

Der Atomsperrvertrag hat die Welt ohne Frage sicherer gemacht.
Autor: Anthony Blinken US-Aussenminister

Etliche Länder strebten nach der Illusion von Sicherheit, indem sie hunderte von Milliarden in neue, noch zerstörerische Atomwaffen investierten, klagt UNO-Generalsekretär António Guterres. Waffen, die es auf unserem Planeten gar nicht geben dürfte. Tatsächlich gibt es derzeit 13'000 atomare Gefechtsköpfe, mit denen sich die Welt gleich zigfach in Schutt und Asche legen liesse.

Guterres.
Legende: UNO-Generalsekretär Antonio Guterres wendet sich am 1. August an die Weltgemeinschaft. Am 2. August tritt auch der Schweizer Bundespräsident Ignazio Cassis auf der Überprüfungskonferenz zum Atomsperrvertrag in New York auf. Keystone

Bloss mit Glück sei es bisher nicht zu einem Atomkrieg gekommen, doch Glück sei keine Strategie, betont Guterres: «Es gibt nur eine Garantie, dass Atombomben nie eingesetzt werden – nämlich deren totale Eliminierung.»

Atommächte sind gegen Totalverbot

Doch jenem neuen UNO-Vertrag, der ein Totalverbot aller Atomwaffen fordert, mögen die Atommächte nicht beitreten. Sie setzen weiter auf den älteren Atomsperrvertrag und versprechen nun, diesen zu stärken.

Die USA, so verspricht Aussenminister Blinken, verringerten die Rolle von Atomwaffen in ihrer Strategie und förderten die nukleare Abrüstung. Gleichzeitig wollten die USA ihre Führungsrolle in der Rüstungskontrolle wieder verstärken.

Die Erinnerung an Hiroshima und Nagasaki verblasst – eine neuerliche Atomkatastrophe wird zur realen Möglichkeit.
Autor: Fumio Kishida Japans Premierminister

Russlands Staatschef Wladimir Putin erklärt in einem Brief an die Überprüfungskonferenz zum Atomsperrvertrag, niemand könne einen Atomkrieg gewinnen. Deshalb dürfe niemand einen solchen Krieg beginnen.

Nach der russischen Aggression gegen die Ukraine habe indes derselbe Putin unverhohlen mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht, erinnert Japans Premierminister Fumio Kishida. Die Erinnerung an Hiroshima und Nagasaki verblasse – eine neuerliche Atomkatastrophe werde zur ernsthaften Perspektive.

Ican: Risiko eines Atomkriegs wächst

Tatsächlich geben die Atommächte zum Atomsperrvertrag hauptsächlich Lippenbekenntnisse ab. Die Verpflichtung, atomar abzurüsten – und zwar gegen null – werde missachtet, kritisiert Beatrice Fihn, die Chefin der mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten Internationalen Kampagne gegen Atomwaffen Ican.

Das Risiko eines Atomkriegs wachse, so Fihn. Gerade der russische Überfall auf die Ukraine, die nach dem Ende des Kalten Kriegs die von der Sowjetunion geerbten Atombomben freiwillig abgab, nähre in mancher Hauptstadt die Überlegung, ob der Besitz von Nuklearwaffen nicht mehr Schutz böte als vertragliche Sicherheitsgarantien.

Der russische Überfall auf die Ukraine nährt in mancher Hauptstadt die Überlegung, ob der Besitz von Nuklearwaffen nicht mehr Schutz böte als vertragliche Sicherheitsgarantien.
Autor: Beatrice Fihn Chefin der Internationalen Kampagne gegen Atomwaffen Ican

Für den UNO-Generalsekretär ist die Gefahr eines Atombombeneinsatzes grösser als jemals seit dem Kalten Krieg. Zugleich sei die internationale Gemeinschaft zutiefst gespalten, ergänzt Japans Regierungschef Kishida. Das bedeutet: Die Notwendigkeit, atomar abzurüsten, ist so dringlich wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Doch die Chancen, dass das gelingt, sind erschreckend gering.

Rendez-vous, 02.08.2022, 12:30 Uhr

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