Darum geht es: Am vergangenen Montag blieben alle Geschäfte auf dem grossen Basar von Teheran geschlossen. Das hatte es seit der iranischen Revolution vor rund 40 Jahren nicht mehr gegeben. Der Streik der tausenden Ladenbetreiber geschah aus Protest gegen den Verfall der iranischen Währung. Allein im letzten halben Jahr hat der Rial gegenüber dem US-Dollar fast 50 Prozent an Wert verloren. «Der Basar ist der Barometer der wirtschaftlichen Situation im Land», sagt dazu ARD-Korrespondentin Natalie Amiri.
Proteste halten an: Auch am Dienstag blieben viele Läden im Basar zu, während einzelne wieder öffneten. Gleichzeitig schlossen sich viele Ladenbesitzer rund um den Basar dem Protest an. Auch sei es immer wieder zu Unruhen gekommen, sagt Amiri. Die Sicherheitskräfte seien in der Gegend verstärkt worden und gegen Randalierer vorgegangen. «Der Unmut der Bevölkerung vermischt sich mit jenem der Händler – und er richtet sich teilweise auch gegen das ganze islamische System Irans.» Bei den Unruhen wurden laut Angaben der Behörden mehrere Randalierer verhaftet.
Den Iranern geht es schlecht: «Es kommen jetzt mehrere Faktoren zusammen», sagt Korrespondentin Amiri. So sorge der Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen für grosse Unsicherheit in der Bevölkerung, zumal die Zusage der Europäer, am Abkommen festhalten zu wollen, bislang nicht eingelöst worden sei. «Iran befindet sich in einer katastrophalen Sackgasse. Es ist kein Ausweg in Sicht.» Auch habe sich die Wirtschaft seit der stufenweisen Aufhebung der Sanktionen ab 2015 bis zur Kündigung des Atomabkommens durch US-Präsident Donald Trump im vergangenen Mai kaum erholt.
Hardliner sehen Chance gekommen: Wegen der Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage nach 2015 – die Iraner hatten mit der Aufhebung der Sanktionen im Zuge des Atomabkommens mit einem Aufschwung gerechnet, der ausgeblieben ist – gerät jetzt der als moderat geltende Präsident Hassan Rohani unter Druck. Tatsächlich fordern die Hardliner schon lautstark Neuwahlen. «Rohani verliert seine Rückendeckung im iranischen System», beschreibt Amiri seine Situation. Es gebe inzwischen sogar Spekulationen über einen möglichen Putsch der gewählten Regierung durch die Revolutionsgarde.
Wohl nicht zufällige Proteste: Die reichen und im System eigentlich fest verankerten Basarhändler haben ihre Läden am Montag möglicherweise nicht zufällig geschlossen. So hätten Revolutionsgarden-nahe Medien von der ersten Minute der Schliessung darüber berichtet, sagt die ARD-Korrespondentin. Dies im Gegensatz zu anderen Protesten von Bauern, Lehrern oder Fernfahrern in den vergangenen Monaten. Es sei schon erstaunlich, dass diese den Revolutionsgarden nahe stehenden Medien die Basar-Proteste so nah begleiten und darüber berichten würden – was Raum lässt für Spekulationen über die Hintergründe der Basar-Schliessung.