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Katalonien und die Krise des Separatisten
Aus Echo der Zeit vom 07.08.2024. Bild: Keystone/Francisco Seco
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Separatismus in Katalonien Angekündigte Rückkehr: Puigdemont sucht die Kraftprobe

In Katalonien soll ein Nichtseparatist Präsident werden. Doch der geflohene Ex-Präsident will die Wahl torpedieren.

In der spanischen Region Katalonien steht eine entscheidende Wende an: Nach über zehn Jahren, zum Teil sehr heftigen Kämpfen für die Unabhängigkeit könnte wieder ein Nichtseparatist ins Regierungsgebäude der katalanischen Hauptstadt Barcelona einziehen: Am Donnerstag soll der Sozialist Salvador Illa vom Parlament zum Regionalpräsidenten gewählt werden.

Person hält eine Rede vor einem rot hintergrund mit PSC Logo und Herz.
Legende: Zur Wahl steht erstmals seit Jahrzehnten mit Salvador Illa wieder ein Sozialist, der die Unabhängigkeit Kataloniens klar ablehnt. Keystone/ANDREU DALMAU

Illa hat sich dafür die Unterstützung der bisherigen separatistischen Regierungspartei, der republikanischen Linken ERC, gesichert. Zu einem durchaus hohen Preis: Er hat Katalonien für die Zukunft deutlich mehr Autonomie zugesichert. So soll die Region einen Teil der Steuern eigenständig eintreiben dürfen – etwas, was heute noch der Zentralregierung Spaniens vorbehalten ist.

Puigdemont wittert Verrat

Dass die separatistische Linke mit der sozialistischen Partei zusammenspannt, ist in den Augen der anderen grossen separatistischen Partei, Junts, ein Verrat an der Sache. Die bürgerliche Junts ist die Partei von Carles Puigdemont. Er war bis 2017 Präsident der Region, liess damals die illegale Unabhängigkeitsabstimmung durchführen, setzte sich danach ins Ausland ab und lebt seither im Exil.

Wahlplakat in Girona: Carles Puigdemont wurde im Mai – ohne im Land zu sein – ins Regionalparlament gewählt.
Legende: Wahlplakat in Girona: Carles Puigdemont wurde im Mai – ohne im Land zu sein – ins Regionalparlament gewählt. SRF/Beat Vogt

Nun aber hat er seine Rückkehr angekündigt. Er war bei den letzten Wahlen als Abgeordneter gewählt worden und will am Donnerstag im Regionalparlament bei der Wahl des neuen Präsidenten dabei sein. Das Problem dabei: Gegen Carles Puigdemont ist noch immer ein Haftbefehl in Kraft.

Was seine Verhaftung in Katalonien auslösen würde, ist nicht absehbar. Ob Puigdemont, der nach wie vor ganz auf Unabhängigkeit setzt, noch Massen zu mobilisieren vermag, ist allerdings fraglich.

Separatistische Parteien haben Mehrheit verloren

Denn es ist offensichtlich: Die Unabhängigkeitsbewegung in Katalonien schwächelt. Das zeigte die Parlamentswahl im Frühling deutlich. Damals erreichten alle separatistischen Kräfte zusammen weniger als die Hälfte der Stimmen – erstmals seit Jahrzehnten.

«Freiheit» – An einem Haus in Girona prangt die Parole für die Unabhängigkeit Kataloniens.
Legende: «Freiheit» – Parolen für die Unabhängigkeit Kataloniens sind in Girona häufig zu sehen. SRF/Beat Vogt

Viele Katalaninnen und Katalanen scheinen des Themas müde geworden zu sein. Besonders auch die Jungen. Das zeigt eine kleine Umfrage bei Studierenden der Universität von Girona. Die Provinzhauptstadt nördlich von Barcelona ist bekannt als Zentrum des Separatismus.

«Früher war ich klar für die Unabhängigkeit», sagt etwa Oriol, ein 21-jähriger Geografiestudent. Seine Familie und sein Umfeld hätten ihn wohl beeinflusst. Heute aber habe er keine klare Meinung mehr. «Ich denke, es gibt aktuell wichtigere Probleme.»

Wenn progressivere Parteien regieren, ist die katalanische Unabhängigkeitsbewegung schwächer.
Autor: Gladis Studentin an der Uni Girona

Auch die 23-jährige Geschichtsstudentin Gladis ist – anders als vor ein paar Jahren – keine Verfechterin der Unabhängigkeit mehr. Vieles hänge aber davon ab, wer im spanischen Zentralstaat das Sagen habe, sagt sie. «Wenn progressivere Parteien regieren, ist die katalanische Unabhängigkeitsbewegung schwächer.»

Warum Puigdemont nach wie vor Haft droht

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Zwar ist das Amnestiegesetz in Spanien bereits in Kraft und dieses sollte auch Carles Puigdemont Straffreiheit zugestehen. Trotzdem hat der zuständige Richter am obersten Gericht in Madrid den Haftbefehl gegen Puigdemont nicht aufgehoben. Er will ihn weiterhin wegen Veruntreuung von Staatsgeldern zur Veranwortung ziehen.

Das Amnestiegesetz sieht vor, dass Veruntreuungen im Zusammenhang mit der Unabhängigkeitsabstimmung straffrei sind, nicht aber, wenn sie der persönlichen Bereicherung dienten. Der Richter in Madrid argumentiert, dies sei bei Puigdemont der Fall. Er habe die illegale Abstimmung mit Staatsgeldern finanziert. Weil er dies sonst mit Geld aus der eigenen Tasche hätte berappen müssen, habe er sich somit persönlich bereichert.

Befürworterinnen und Befürworter der Amnestie halten diese Argumentation für politisch motiviert, der konservative Richter versuche, das Gesetz zu torpedieren.

Tatsächlich hat die linke Regierung unter Pedro Sánchez in den vergangenen Jahren einiges unternommen, um den Konflikt mit Katalonien zu entschärfen. Zuerst mit Begnadigungen und kürzlich mit dem Amnestiegesetz, welches allen Straffreiheit gewähren soll, die sich an der Organisation der Unabhängigkeitsabstimmung 2017 beteiligt hatten.

Für Gladis ist das ein guter Weg. Heute gebe es Raum für Dialog, und dafür, dass die Bedürfnisse der katalanischen Bevölkerung berücksichtigt würden, sagt sie. «Ich sehe nicht ein, warum man sich abspalten sollte, wenn man auch in Harmonie zusammenleben kann.»

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Archiv: Historische Niederlage für katalanische Separatisten
aus Echo der Zeit vom 13.05.2024. Bild: REUTERS/Nacho Doce
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Info 3, 07.08.2024, 17 Uhr

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