Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez kann aufatmen. Seine sozialistische Partei hat die wohl wichtigste regionale Wahl im Land gewonnen. Unter ihrem Spitzenkandidat Salvador Illa hat die Partei alle Konkurrenz klar hinter sich gelassen. Dass in Katalonien eine Partei gewinnt, die sich unmissverständlich gegen die Unabhängigkeit ausspricht, das wäre bis vor kurzem kaum denkbar gewesen.
Die Unabhängigkeitsbewegung hat in Katalonien – besonders im letzten Jahrzehnt – den politischen Takt angegeben. Der Kampf um die Ablösung von Spanien gipfelte 2017 in einer illegalen Volksabstimmung, gegen die die Zentralregierung rigoros vorging. Alles über Jahre begleitet von Massenprotesten und Ausschreitungen.
Unabhängigkeit war nur ein Nebenthema im Wahlkampf
Im regionalen Parlament hatten die separatistischen Kräfte währenddessen klar die Oberhand. Doch nun sind sie regelrecht abgestürzt. Die beiden grossen separatistischen Parteien, die bürgerliche Junts und die republikanische Linke ERC, bringen es zusammen auf gerade einmal 35 Prozent der Wählenden, von einer Mehrheit sind sie also weit entfernt. Bereits im Wahlkampf hatte es sich abgezeichnet – die Frage der Unabhängigkeit wurde nurmehr am Rande diskutiert.
Ausschlaggebend dafür dürften zwei Gründe gewesen sein – ein regionaler und ein nationaler: Einerseits sind wohl viele Katalaninnen und Katalanen schlicht müde und zermürbt von den langen, fruchtlosen Bemühungen um Unabhängigkeit. Andererseits zeigt der Kurswechsel der nationalen Regierung Wirkung. Seit der sozialistische Premierminister Pedro Sánchez an der Macht ist, setzt er auf einen Weg der Versöhnung. In einem ersten Schritt tat er es mit der Begnadigung von bereits Verurteilten, nun geht er weiter mit dem Amnestiegesetz, das allen Straffreiheit verspricht, die an der illegalen Abstimmung über die Unabhängigkeit beteiligt waren.
Vielversprechender Weg zur Befriedung
Die gestrigen Wahlen zeigen: Es ist ein vielversprechender Weg zur Befriedung Kataloniens. Ein Weg, der allerdings noch längst nicht zu Ende ist. Schon nur die nun anstehenden Koalitionsverhandlungen für die neue Regionalregierung in Barcelona bergen viel Zündstoff, der den Unabhängigkeitskonflikt wieder aufflammen lassen könnte. Denn dass die separatistischen Parteien die Wahl verloren haben, heisst nicht, dass sie ihr Ziel einer eigenständigen Nation aufgegeben hätten.
Katalonien steht an einem Wendepunkt. Aber zu erklären, dass die Unabhängigkeitsbewegung am Ende sei, so wie man es in Spanien da und dort hört, scheint etwas voreilig. Die nationale Regierung wird weiter daran arbeiten müssen, das Gleichgewicht zu halten – zwischen Konzessionen gegenüber dem separatistischen Lager auf der einen Seite und dem Festhalten an der nationalen Einheit auf der anderen. Ein Balanceakt mit nach wie vor grosser Absturzgefahr.