«Rettet Mariupol» – steht auf Transparenten auf der Place des Nations vor dem Genfer UNO-Sitz. Drinnen an der Sondersession des Menschenrechtsrats spricht Emine Dzhaparova, die ukrainische Vize-Aussenministerin, ebenfalls über Mariupol.
Über eine Stadt mit einer Bevölkerung von einst einer halben Million Menschen, einer Stadt, die «in Schutt und Asche gelegt worden ist und sich dennoch nicht ergibt». Zehn Wochen seien vergangen, seit sich der UNO-Menschenrechtsrat letztmals mit der Ukraine befasst habe, betont Dzhaparova – «zehn Wochen des Grauens und Leidens für ihre Landsleute».
Bachelet: Opferzahlen steigen und steigen
Das bestätigen die Ermittlungen der Teams von Michelle Bachelet, der UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte: Die Opferzahlen stiegen und stiegen: «Es gibt immer neue Belege. Und es braucht noch viel mehr Recherchen, um all die Grausamkeiten aufzudecken, die vielfach als Kriegsverbrechen zu werten sind.»
Einzelne Vorfälle sind auch der ukrainischen Seite anzulasten, die allermeisten aber den russischen Streitkräften und verbündeten Einheiten.
Bachelet betont: «Einzelne Vorfälle sind zwar auch der ukrainischen Seite anzulasten, die allermeisten aber den russischen Streitkräften und mit ihnen verbündeten Einheiten.» Schockiert über das Ausmass der Brutalität und Skrupellosigkeit äussert sich die Hochkommissarin.
Russland: «Farce» des Westens
Anschliessend hätte Russland reagieren können. Zwar wurde das Land von der UNO-Generalversammlung aus dem Menschenrechtsrat geworfen, doch als betroffener Staat steht ihm ein Rederecht zu.
Russland verzichtete aber – ein ungewöhnlicher Schritt. Vielmehr bezeichnete ein russischer Vertreter in einem Video die UNO-Sondersitzung als eine «vom Westen inszenierte Farce». Sie diene einzig dazu, Russland zu dämonisieren, statt die eigentlichen Ursachen des Kriegs anzugehen.
China stramm hinter Russland
Die Meinungen sind längst gemacht. Die Voten repetitiv. Scharf tönt es aus dem Westen: Estlands Botschafterin wirft Russland vor, alle Aufrufe zu ignorieren, den Angriff einzustellen. Es gebe nur einen Aggressor, nämlich Russland, sagt der französische Emissär.
Die Menschenrechts- und Kriegsverbrecher müssen identifiziert werden und vor Gericht landen.
Auch der Schweizer UNO-Botschafter Jürg Lauber betont, Russland habe die Ukraine «ohne jegliche Rechtfertigung» angegriffen: «Die Menschenrechts- und Kriegsverbrecher müssen identifiziert werden und vor Gericht landen.» China wiederum stellte sich erneut hinter Russland; Länder wie Indien und viele Drittweltstaaten bleiben bei ihrer Schaukelpolitik.
Resolution fordert Ende des Mordens
Am Ende wurde mit grossem Mehr, aber eben auch keineswegs einstimmig eine Resolution verabschiedet, die Russland kritisiert, ein Ende des Mordens fordert und humanitäre Hilfe sowie eine Strafverfolgung der Aggressoren.
Während in der Ukraine die militärischen Schlachten unvermindert weitergehen, die Angriffe auf Zivilisten ebenso, gibt es auf weltpolitischer Ebene derzeit praktisch keine Bewegung. Ein baldiger Ausweg ist erst recht nicht in Sicht.