Es kommt selten vor, dass ein Staatschef selber im UNO-Sicherheitsrat auftritt. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski tut es, per Video. Und schildert seinen Besuch in Butscha, emotional, vehement, erschüttert und fragt rhetorisch: Ob es denn gar kein Verbrechen gebe, zu dem die Russen nicht bereit seien.
Russland streitet alles ab
Moskaus UNO-Botschafter Wassily Nebenzia spricht, wie schon in einer Pressekonferenz am Vortag, von einer «ukrainischen Provokation», streitet alles ab und spricht von Lügen.
Darauf erwidert der ukrainische Delegationsleiter am UNO-Sitz, Sergiy Kyslytsya, so scharf wie trocken: Russland wolle die Ukraine-Frage lösen wie Hitler seinerzeit die Juden-Frage. Wie habe es bloss passieren können, dass sich die Russen wie seinerzeit die Nazis verhalten?
Für UNO-Generalsekretär António Guterres ist der Krieg in der Ukraine eine der grössten Herausforderungen für die Weltordnung. Er verlangt eine internationale Untersuchung der Gräueltaten von Butscha. Nur so könne man die Schuldigen zur Rechenschaft ziehen.
Chancenlose Forderungen
Für viele steht aber das Ergebnis bereits fest. Aufgrund aller verfügbaren Informationen seien die USA zum Schluss gekommen, dass es sich um russische Kriegsverbrechen handle, sagt die amerikanische UNO-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield. Auch Chinas Vertreter findet die Bilder aus Butscha verstörend. Er vermeidet aber jegliche Schuldzuweisung und findet, Sanktionen gegen Russland seien gewiss keine Lösung.
Die ukrainische Forderung indes nach einem Ausschluss Russlands aus dem Sicherheitsrat oder zumindest einem Entzug des Vetorechts ist chancenlos. Denn dem müsste letztlich auch die Vetomacht Russland selber zustimmen. Denkbar ist allenfalls, dass die UNO-Generalversammlung, wo kein Vetorecht existiert, Moskau später in der Woche aus dem UNO-Menschenrechtsrat verbannt.