Frühling für Martin Schulz und die SPD ist vorbei: Noch vor wenigen Wochen lagen die Sozialdemokraten in den Umfragen deutschlandweit auf Augenhöhe mit der CDU von Bundeskanzlerin Merkel. Jetzt bläst ihnen aus Norden eine heftige Bise entgegen: Am Sonntag musste die SPD in Schleswig-Holstein deutliche Verluste einstecken. Auch wenn die Koalitionsverhandlungen erst begonnen haben: Gut möglich, dass mit Torsten Albig erstmals seit 2005 ein SPD-Ministerpräsident abgewählt wurde.
Herbe Niederlage: Heftig ist der Rückschlag, den die SPD und ihr Kanzlerkandidat Schulz wenige Monate vor der Bundestagswahl im Norden einstecken müssen. Eine Mitschuld von Schulz an der Wahlniederlage in Kiel wollte die Bundes-SPD am Sonntagabend aber nicht sehen. Vor der Wahl gab es in der Partei durchaus Stimmen, die die zuletzt geringere Präsenz des Kanzlerkandidaten in der Bundespolitik monierten.
In einer Umfrage von «Infratest dimap» bescheinigten 55 Prozent der Befragten in Schleswig-Holstein Schulz, dass mit ihm die Unterschiede zwischen SPD und CDU wieder deutlicher geworden seien. Zugleich sagten aber 63 Prozent, sie hätten zuletzt vom SPD-Kanzlerkandidaten nichts mehr gehört.
In bundespolitischen Debatten kommt Schulz kaum vor. Seit ersten Vorstössen etwa mit dem «Arbeitslosengeld Q» und der Familienarbeitszeit hat sich Schulz inhaltlich zurückgehalten. Das liegt auch daran, dass innerparteiliche Differenzen etwa in der Steuer- und Rentenpolitik kaum vor der Verabschiedung des Wahlprogramms am 25. Juni geklärt sein dürften.
In der Umgebung von Schulz wird unterstrichen, dieser habe weitere Akzente gesetzt, etwa mit der Rückkehr zur paritätisch finanzierten Krankenversicherung. In der öffentlichen Wahrnehmung sei womöglich aber zu kurz gekommen, dass Schulz nicht nur für Gerechtigkeit stehe, sondern auch für Modernisierung.
Steht eine Kurskorrektur an? Schulz beantwortet diese Frage am Sonntag in seiner kurzen Rede vor Parteianhängern nicht. Wie bereits nach der Wahl im Saarland, als Schulz erstmals als SPD-Chef eine Enttäuschung für seine Partei kommentieren musste, griff er zum Bild des Sports, verwies auf den «Langstreckenlauf oder die Tour de France» und sagte: «Man verliert auch schon mal Etappen. Aber es kommt am Ende auf den langen Atem für den Gesamtsieg an.
Und deshalb: Die SPD steckt solche Abende weg.» Am Abend der Saarlandwahl hatte Schulz noch gesagt: «In der Fussballersprache haben wir heute das 1:0 erlebt.» Demnach läge seine Partei nun 0:2 zurück.