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Spionage an Hochschulen Österreichischer Geheimdienst führt Liste mit ETH-Forschenden

Schweizer Hochschulen profitieren von Fachwissen von Studierenden und Forschenden aus der ganzen Welt. Doch die Spitzenforschung ist auch ein fruchtbarer Boden für Spionageaktivitäten und Tarnfirmen.

Das jüngste Beispiel: Ein Iraner, der vom Innovationshub der ETH Lausanne Kampfdrohnen-Teile in den Iran transferierte. Am 16. Dezember wurde er in Mailand verhaftet.

Mit einer Kampfdrohne wurden vor knapp einem Jahr auf der US-Basis «Tower 22» in Jordanien drei US-Soldaten getötet. In die Killerdrohne eingebaut: das Sepher-Navigationssystem. Die iranische Firma von Mohammad A. soll diese geliefert haben.

Start-up von Mohammad A. war unauffällig

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An der ETH Lausanne hat Mohammad A. als Postdoc gearbeitet, als Wissenschaftler mit iranischem Doktortitel. Sein Start-up, Illumove sei unauffällig gewesen und erfolgversprechend, sagt Emmanuel Barraud, Mediensprecher der ETH Lausanne. «Die Produkte waren Bewegungssensoren, die vor allem im Sportbereich nützlich sind, um Pferde bei Rennen zu verfolgen. Damals gab es also keinen Verdacht, dass die gleichen Technologien auch für andere Zwecke eingesetzt würden.»

Auch an anderen Schweizer Hochschulen, wie an der ETH-Zürich, gab es in der Vergangenheit Verdacht auf Spionage oder Beschaffungstätigkeiten durch ausländische Nachrichtendienste. «Sie tarnten ihr Personal als Wissenschaftlerinnen und profitierten vom Forschungsaustausch», heisst es in Berichten des Schweizer Nachrichtendienst NDB.

Jetzt haben es Forscherinnen und Studierende der ETH Zürich schwerer, wenn sie im benachbarten Ausland an einer Uni arbeiten möchten – und zwar ohne, dass sie etwas dafürkönnen.

Liste mit Anfragen landet beim Geheimdienst

Laut einer E-Mail, die SRF vorliegt, winkt die Universität Graz Gastforscher von der ETH Zürich nicht mehr so einfach durch, sondern schickt eine Liste der Kooperationsanfragen von Forschenden direkt an den österreichischen Geheimdienst weiter.

In der E-Mail heisst es dazu: «Dies ermöglicht es dem Bundesministerium sowie der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst, einen Überblick über aktuelle Anfragen seitens der ETH Zürich an österreichischen Forschungseinrichtungen zu erhalten.»

Das impliziere jedoch nicht, dass Kontaktanfragen seitens der ETH Zürich als unseriös eingestuft werden sollten, heisst es in der E-Mail weiter. Der Hintergrund sei das potenzielle Risiko der Einflussnahme durch chinesische Nachrichtendienste auf die Forschung in Europa.

Historisches Gebäude mit grossem Platz davor.
Legende: An der ETH Zürich, wie auch an anderen Schweizer Hochschulen, gab es in der Vergangenheit Verdacht auf Spionage durch ausländische Nachrichtendienste. KEYSTONE/Michael Buholzer

Die ETH Zürich verteidigt sich gegenüber SRF: «In der E-Mail steht explizit, dass der Nachrichtendienst keine Handlungsanweisungen betreffend Anfragen von ETH-Forschenden abgegeben hat, sondern die Anfragen lediglich sammeln will.» Fakt ist: Die ETH Zürich hat Ende Oktober die Sicherheitsrichtlinien für ausländische Studierende aus sogenannten «Hochrisikoländern» verschärft.

Schwache Spionageabwehr wird ausgenutzt

Das Problem von Spionage und verdeckter Beschaffung sei gerade an Schweizer Universitäten nicht neu. Die ausländischen Geheimdienste würden sich unsere schwache Spionageabwehr zu Nutze machen, sagt Historiker Adrian Hänni. Er forscht zur Geschichte der Geheimdienste. «Im Bereich der Spionageabwehren sind vielleicht ein paar Dutzend Beamte in Bern, die sich mit dieser Bedrohung auseinandersetzen müssen und da fallen viele Massnahmen eher zahnlos aus.»

Gerade der aktuelle Fall der ETH-Lausanne zeige, wie dilettantisch der angeklagte Iraner Mohammad A. vorgegangen sei, sagt Hänni. So steht in der Anklageschrift des Bundesgerichts Massachusetts, dass er die Drohnenbestandteile ohne Probleme vom Flughafen Genf in den Iran flog und die Beamten austrickste. «A. sagte der Schweizer Behörde fälschlicherweise, dass es normale Bauteile ohne Restriktionen seien, welche häufig bei Projekten von Studenten verwendet würden»

Der Schweizer Nachrichtendienst (NDB) äussert sich nicht zum Fall, schreibt aber: Diese Bedrohungen zu ignorieren, könne für eine Institution schwerwiegende Konsequenzen haben.

10vor10, 09.01.2025, 21:50 Uhr

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