Das ist passiert: Nicht nur der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski hatte am Weltwirtschaftsforum (WEF) einen grossen Auftritt. Auch der iranische Aussenminister Hossein Amir-Abdollahian hat in Davos über «geopolitische Themen» gesprochen. Während die Freude über Selenskis Besuch vielerorts gross war, sorgte die iranische Vertretung am WEF allerdings für Kritik.
Kritik an Hamas-Unterstützer Iran: Hossein Amir-Abdollahian gilt als Hardliner und der Iran als bekennender Unterstützer der Hamas sowie der Huthi-Rebellen. Da liess Kritik nicht lange auf sich warten, etwa von der iranischen Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi. Sie bedaure, dass das WEF jemanden einlade, der die Hamas und Huthi unterstütze, die eigene Bevölkerung unterdrücke und Russland mit Drohnen beliefere, sagte Ebadi gegenüber dem «Tagesanzeiger». Ähnliche Kritik gab es aus dem schwedischen Parlament. Gerichtet ist sie direkt an Aussenminister Ignazio Cassis.
Schweiz kann Iran nicht vom WEF ausschliessen: Das Schweizer Aussenministerium (EDA) ist nicht der richtige Adressat für die Kritik. Denn das WEF ist eine private Organisation, die selber über die Gästeauswahl entscheidet. «Es wäre problematisch, wenn sich die Regierung eines demokratischen Landes einmischen würde in die Entscheidung, wer von einer privaten Organisation eingeladen wird oder nicht», erklärt Fredy Gsteiger, diplomatischer Korrespondent bei SRF. Darüber hinaus hat die Schweiz keinen juristischen Spielraum, um eine iranische Vertretung auszuschliessen. So gibt es beispielsweise keinen Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Hossein Amir-Abdollahian.
So reagiert die Schweiz auf die Kritik: Aussenminister Ignazio Cassis betonte am Mittwoch am WEF in Davos, man wolle die Beziehungen zu Iran nutzen, um eine noch grössere Eskalation im Nahen Osten zu verhindern. Er habe seinen iranischen Amtskollegen beim Treffen aufgefordert, «all seine Macht» einzusetzen, um eine Eskalation – insbesondere mit den Huthi in Jemen – zu vermeiden. Am Donnerstag wird Cassis zudem den israelischen Staatspräsidenten Isaac Herzog treffen.
Der Iran verfügt im Nahen Osten über grossen Einfluss. Will man die Hamas zur Mässigung bewegen, führt an Gesprächen mit dem Iran kein Weg vorbei.
Schweiz-Iran-Gespräche am WEF könnten wichtig sein: Man werde nicht umhinkommen, mit dem iranischen Regime und seinen Vertretern zu sprechen, betont SRF-Korrespondent Fredy Gsteiger. «Der Iran verfügt im Nahen Osten über grossen Einfluss. Das Land gehört zu den wichtigsten Unterstützern der Hamas und unterstützt auch andere terroristische Gruppen wie den Islamischen Dschihad, die Huthis in Jemen oder die Hisbollah im Libanon.» Wolle man die Hamas zur Mässigung bewegen, führe an Gesprächen mit dem Iran daher kein Weg vorbei.
Kritik dürfte kaum Auswirkungen haben: Die berechtigte Kritik an Irans Auftritt am WEF dürfte kaum Folgen haben. Allenfalls lässt sich der eine oder andere Politiker nicht mehr lächelnd und Hände schüttelnd mit dem iranischen Aussenminister fotografieren. «Doch es gehört zur diplomatischen Normalität, dass man Kontakte zu Vertretern eines Landes pflegt, das ja auch UNO-Mitglied ist und zu dem man diplomatische Beziehungen hat», erklärt Gsteiger. Das sei an sich nichts Aussergewöhnliches. So treten iranische Vertreter auch am Genfer UNO-Sitz immer wieder bei verschiedensten Veranstaltungen auf.