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Weinbau im Piemont: An Klimawandel anpassen oder nicht?
Aus Echo der Zeit vom 08.07.2024. Bild: Imago Images
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Spitzenweine im Klimawandel Kommt der Barolo in Zukunft vom Nordhang?

Es wird heisser und trockener. Darum wollen einzelne Winzer den berühmten Barolo neu an feuchteren Nordhängen anbauen.

Der Barolo gehört zu den edlen und teuren Weinen. Dessen Trauben wachsen im norditalienischen Piemont, im Gebiet der Langhe. Auch dort wird es immer heisser und trockener, sagt Matteo Ascheri, dessen Familie seit Generationen Barolo produziert: «Dass sich das Klima verändert, ist ganz offensichtlich.»

Ascheri und andere Winzerinnen und Winzer wollen darum, dass man den Barolo neu auch an den schattigeren, feuchteren Nordhängen anbauen darf. «Denn in heissen Sommern erhitzt die Sonne die Trauben auf bis zu 70 Grad. Das schadet der Qualität», sagt Matteo Ascheri.

Es formiert sich Widerstand

Die Idee, in Zukunft auch an Nordhängen Trauben für den Barolo zu ernten, hat in den trockenen Weinbergen viel Staub aufgewirbelt. Unter den Barolo-Bauern formierte sich ein gegnerisches Lager. Diesem gehört Sergio Germano an, ebenfalls Spross einer traditionsreichen Winzerfamilie.

Germano führt in einen seiner Rebberge: «Die Trauben haben sich gut entwickelt. Wir hatten einen milden Winter und viel Regen im Frühjahr.» Sicher, räumt er ein, es gebe schon sehr heisse und sehr trockene Sommer. «Doch das Klima war schon immer die grosse Unbekannte im Leben der Bauern», erklärt er.

Vorerst kein Barolo von Nordhängen

Sergio Germano ist Präsident des Konsortiums, das alle Barolo-Winzerinnen und Winzer vereint. In diesem Gremium fällt man gemeinsam wichtige Entscheide. Eben hat man nach heftiger Debatte entschieden, das bisher geltende Nordhang-Verbot beizubehalten.

Der Barolo – ein Spitzenwein mit Geschichte

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Der Barolo ist ein gehaltvoller, lagerfähiger Wein. In seiner heutigen Form gibt es ihn seit gut 150 Jahren. Es waren die Gräfin Falletti und Graf Cavour, die anregten, aus den Nebbiolo-Trauben diesen Wein zu keltern. Der Adel wollte für seine Höfe ähnlich edle Tropfen wie sie in Frankreich, zum Beispiel im Burgund, reifen.

Der Barolo wächst im Gebiet der Langhe, einem reizvollen Hügelgebiet südlich von Turin. Ein Konsortium, dem alle Barolo-Produzenten angehören, definiert Qualitätsstandards. Dieses Gremium entscheidet auch, aus welchen präzise kartierten Rebhängen man unter der Bezeichnung Barolo Wein keltern darf. Bisher hat man Nordhänge ausgeschlossen, weil man nur beste Qualität wollte. Doch im Zeichen des Klimawandels gerät diese Gewissheit ins Wanken.

Denn man wisse nicht, welche Weinqualität man an schattigeren Hängen erreichen könnte. Matteo Ascheri, der andere Winzer, widerspricht. Man baue schon heute Reben an Nordhängen an. Nur dürfe man deren Wein nicht Barolo nennen, sondern man verkaufe ihn unter dem Namen der Traube, als Nebbiolo aus den Langhe. Und dieser Wein sei ebenfalls sehr gut.

Traditionalisten und Modernisierer prallen aufeinander. Aber es geht auch ums Geld. Eine Flasche Barolo kostet selten weniger als 50 Euro und nach oben ist die Skala offen. Das Barolo-Gebiet auszuweiten, könnte also viel Geld einbringen. Nein, sagt Ascheri, das sei ein Denkfehler. «Würde man noch mehr Barolo produzieren, würde dies die Preise senken.» Ihm gehe es nicht ums Geld, sondern um die Qualität. Das freilich sagen hier alle.

Grosse Leidenschaft fürs Essen und Trinken

Vielleicht lässt sich der Barolo-Streit auch so erklären: In Italien spricht man generell gern, leidenschaftlich und viel übers Essen und Trinken. Und unter den Barolo-Bauern, deren Gaumen wohl besonders sensibel sind, ist diese Leidenschaft speziell ausgeprägt. Man neigt zum Perfektionismus.

Das Problem mit Hitze und Trockenheit gibt es übrigens auch in anderen Weingebieten. Im Burgund, auf Sizilien oder in der Toskana wachsen bereits heute Spitzenweine an Nordhängen. Im Gebiet des Barolos nicht – oder noch nicht.

Echo der Zeit, 08.07.2024, 18 Uhr

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