In Sri Lanka kommt es zu einem politischen Comeback. Der neue Präsident Gotabaya Rajapaksa holt seinen Bruder als Ministerpräsidenten zurück in die Regierung. Mahinda Rajapaksa war von 2005 bis 2015 Präsident von Sri Lanka und führte das Land mit starker Hand. Viele fürchten sich vor einer Rückkehr der brutalen Politik. Nicht ohne Grund: Mahinda Rajapaksa hat zwar eine neue Rolle – aber annähernd so viel Macht wie früher als Präsident, sagt Südasien-Korrespondent Thomas Gutersohn.
SRF News: Was bedeutet die Rückkehr Mahinda Rajapaksas an die Macht?
Thomas Gutersohn: Als Präsident hatte Mahinda Rajapaksa das Land wie eine Art Familienbetrieb geführt. Alle wichtigen Ämter wurden von seinen Brüdern geführt. Jetzt kehrt er selbst als Bruder des eben erst gewählten Präsidenten zurück. Das weckt speziell bei den Minderheiten Erinnerungen. Die Rajapaksas hatten 2009 den Bürgerkrieg gegen die Tamil Tigers blutig beendet – mehrere Zehntausend tamilische Zivilisten kamen ums Leben. Gotabaya Rajapaksa war damals Feldherr von Mahinda. Nun ist das alte Duo zurück an der Macht.
Darf der Präsident in Sri Lanka überhaupt einen Premierminister ernennen?
Der nächste Premier wäre eigentlich bei den Parlamentswahlen Anfang 2020 bestimmt worden. Doch nun ist der aktuelle Premierminister Wickremesinghe aus eigenen Stücken zurückgetreten. Er hofft, die Rolle des Oppositionsführers übernehmen zu können. Das gibt den Weg frei für eine Übergangsregierung. Unter diesen Umständen kann der Präsident einen Premier ernennen.
Es zeichnet sich ein Familienstreit im Hause Rajapaksa ab.
Dass nun Mahinda Rajapaksa wieder das Steuer übernimmt, deutet auf ein Misstrauen zwischen den Brüdern hin. Mahinda will schnellstmöglich an die Macht; auch, um seinen Bruder Gotabaya in Schach zu halten. Beide haben längerfristige Pläne: Sie wollen ihre Söhne in wichtige Positionen hieven. Da zeichnet sich ein Familienstreit ab.
Wie viel Macht hat Mahinda Rajapaksa als Premier?
Mehr Macht als sein Bruder, der Präsident. Noch als Präsident regierte Mahinda das Land bis 2015 fast allein. Daraus zog die letzte Regierung Lehren und begann, die Macht des Präsidenten zu verteilen – auf Parlament und Premier. Der Präsident ist immer noch Staatschef. Aber er hat heute ausser der Sicherheit keine wichtigen Ministerien unter sich. Diese wurden an den Premierminister abgegeben. Nun befinden wir uns in der absurden Situation, dass die Machtverteilung nun genau der Person in die Hände spielt, die man ursprünglich zu entmachten versuchte. Das ist ein Coup sondergleichen von Mahinda Rajapaksa.
Was bedeutet die Rückkehr der Rajapaksa-Brüder für die ethnischen Minderheiten im Land?
Gotabaya Rajapaksa sagte, er wolle Präsident aller Menschen in Sri Lanka sein. Tatsache ist aber: Die Rajapaksas stehen für eine Politik der singhalesischen Mehrheit im Land. Gotabaya Rajapaksa ist der erste Präsident, der nur mit singhalesischen Stimmen gewonnen hat.
Die Rajapaksa-Brüder sind bekannt dafür, jene verschwinden zu lassen, die nicht auf ihrer Seite stehen.
Das zeigt letzten Endes, dass die Rajapaksas nicht mehr auf die Minderheiten angewiesen sind. Und das ist kein gutes Zeichen für die Tamilen und Muslime. Die Rajapaksas haben nicht gerade den Ruf, besonders versöhnlich zu sein mit denen, die nicht auf ihrer Seite stehen. Im Gegenteil: Sie sind bekannt dafür, jene verschwinden zu lassen, die nicht auf ihrer Seite stehen.
Das Gespräch führte Salvador Atasoy.