Im Städtchen Minuwangoda findet alles an einer Kreuzung statt. Hier steht die Bühne, wo später Gotabaya Rajapaksa auftreten soll. Hier steht auch die Moschee, die radikale Nationalisten im Sommer mit Steinen beworfen haben und hier stehen auch die drei Läden von Mohammed Nawaseer. Oder besser: standen. Zwei der Geschäfte wurden bei Ausschreitungen nach den Oster-Attacken angezündet.
Im dritten, einem Schuhladen, steht nun Nawaseer. Einen knappen Monat nach den Anschlägen hatte die Stimmung im Städtchen umgeschlagen. Ein wütender Mob griff gezielt Geschäfte von Muslimen und die Moschee an, sagt der 65-Jährige. Zehn Jahre lang führte er die Geschäfte hier, nie gab es Probleme. Doch seither kämen kaum noch Kunden in den Schuhladen.
Die Terroristen, die drei Kirchen und Hotels im Süden des Landes am Ostersonntag in die Luft sprengten, waren vom IS inspiriert. Das schürte die Wut gegen die muslimische Bevölkerung. Nawaseer weiss nicht, wer seine Geschäfte in Brand setzte, doch er vermutet, dass es Schläger der Lotus-Partei waren – der Partei der Rajapaksas.
Jene Leute also, die auf der Strasse mit Trompeten an seinem Geschäft vorbeiziehen und Parolen skandieren. In Bussen wurden sie aus den umliegenden Dörfern hergebracht, zu Tausenden strömen sie auf das schon jetzt gut gefüllte Feld mit der Bühne. Bis Gotabaya Rajapaksa auftritt, wird noch einige Zeit vergehen.
Gegen Gotabaya Rajapaksa gibt es schwerwiegende Vorwürfe der Verletzung gegen die Menschlichkeit und der Kriegsverbrechen. Doch das zählt alles nicht für die Anhänger seiner Partei: Er habe den Krieg beendet – und ihn gewonnen. Das zählt, sagt die 40-jährige Nayana Yappa.
Gerade nach den Oster-Attacken ist die Angst in Sri Lanka gewachsen und damit auch der Ruf nach einem starken Führer. Diesen hörte Gotabaya Rajapaksa und lancierte seinen Wahlkampf nur Wochen nach den Anschlägen. Mit Gotabaya an der Macht wären die Oster-Attacken nicht passiert, meint Yappa weiter.
Tatsächlich hat die aktuelle Regierung Warnsignale ignoriert, die auf die Attentate hindeuteten. Doch auch die Rajapaksas waren über die Pläne der Terroristen informiert. Und auch sie haben nichts unternommen. Sie ziehen aber den politischen Nutzen aus der Tragödie, die alte Feindbilder wieder aufleben lässt.
«Wir müssen das Land von den LTTE beschützen, von den Freiheitskämpfern der Tamil Tigers», sagt etwa der Geschäftsmann B. Dayanarathna. Die Tamil Tigers sind für ihn nach wie vor eine Gefahr. «Das Land, die Rasse und die Religion sind in Gefahr», sagt Dayanarathna weiter.
Sri Lanka ist auch zehn Jahre nach dem Bürgerkrieg noch gespalten in den buddhistisch singhalesischen Süden und den tamilischen Norden – die alten Kriegslinien. Zu diesen gesellt sich nun ein neues Feindbild. Der islamistische Terrorismus. Rajapaksa bedient die Ressentiments wie kein anderer.
Spät am Abend, drei Stunden nach dem angekündigten Termin, schreiten er und sein Bruder auf die Bühne. Die Menge tobt. Der Andrang vor dem Podium hat sich längst auf die Dächer der umliegenden Häuser und weit über die Kreuzung von Minuwangoda ausgedehnt.