Der Imam in der Periyamulla-Moschee von Negombo hat das Abendgebet schon längst begonnen. Doch noch immer tröpfeln einzelne gläubige Muslime in das Gotteshaus und reihen sich auf dem roten Teppich auf. In Negombo wurde an Ostern die Sebastianskirche von Islamisten attackiert. Wahrscheinlich über 100 Menschen starben allein dort.
Die Angriffe werden auch in der Moschee thematisiert, diese steht nicht weit von der Kirche entfernt. «Wir sind schockiert», sagt Fazil, ein junger Tourismusagent. «Unsere Nachbarn wurden umgebracht.» Die Einwohner von Negombo definierten sich nicht über ihre Religion. Christen lebten mit Muslimen Tür an Tür. Man verstand sich, sagt Fazil.
Früher lächelten die Christen, wenn sie mich begrüssten. Dieses Lächeln ist heute verschwunden.
Er ging in eine katholische Schule, viele seiner Freunde seien Christen. Doch dieses soziale Gefüge droht durch die Angriffe aus den Fugen zu geraten. Plötzlich tauchen Grenzen auf. Rehman, ein anderer Muslim in der Moschee, sagt es so: «Früher lächelten die Christen, wenn sie mich begrüssten. Dieses Lächeln ist heute verschwunden. Die Leute sagen, Muslime hätten diese Attacken ausgeführt. Doch es war eine kleine Gruppe von Extremisten, für die wir nun den Kopf hinhalten müssen.»
«Das waren keine Muslime, das waren Terroristen», sagt Rehman, und viele andere in der Moschee sehen es gleich. Die Attacken haben Misstrauen geschaffen zwischen den Gemeinschaften. Plötzlich spielt es eine Rolle wer Muslim ist, wer Christ und wer Buddhist in Negombo.
Mehrere Geschäfte von Muslimen in der Hauptstrasse von Negombo wurden seit den Anschlägen mit Steinen beworfen. Ihre Schaufenster sind notdürftig mit Plastikblachen abgedeckt. Über eine Woche blieben die Geschäfte geschlossen.
Mohammed Ameen will sein Geschäft morgen wieder öffnen. Jetzt sei er gekommen, um aufzuräumen. Sein Computerladen ist verschont geblieben. Doch hilft er den anderen Ladenbesitzern. Ein Restaurant, eine Apotheke und ein Farbgeschäft wurden in seiner Strasse angegriffen, eine Person wurde verletzt.
Auf seinem Handy zeigt Ameen Aufnahmen von Überwachungskameras. Darin sieht man, wie Männer mit Helmen Ladenbesitzer angreifen und ihre Scheiben zerschlagen. Das Datum der Aufnahmen: der 29. April 2019. Es waren Männer auf Motorrädern. «Schwer zu sagen, wer es war», sagt Ameen. Er glaubt nicht, dass die Täter Christen aus Negombo waren.
Ameen verdächtigt kriminelle Gruppen, die die Stimmung jetzt weiter aufheizen wollen. Das könne gefährlich werden, sagt Hilmy Ahmed, Vizesekretär des muslimischen Rates in Sri Lanka. Doch er sei froh, dass bisher nichts Schlimmeres passiert sei. Die muslimische Gemeinschaft habe mit mehr Gewalt gerechnet. Dass der Kardinal von Colombo die christliche Gemeinschaft dazu aufgerufen habe, Ruhe zu bewahren, habe viel zur Besänftigung der Situation beigetragen.
Jetzt gehe es darum, das Vertrauen zwischen den Gemeinschaften wieder aufzubauen. Dabei soll nichts ausgeschlossen werden. Ahmed spricht von finanzieller Unterstützung für die Opfer und persönlichen Kontakten zwischen den Glaubensvertretern. Seine vage Antwort zeigt aber auch: Es wird schwierig werden, den Riss zwischen den Christen und den Muslimen in Sri Lanka zu kitten.